65 Wer schreibt das Lehrbuch der Deutschen? Das Berliner Tageblatt hat ausser den Dichtern Dr. Ludwig Fulda und Doktor Hanns Heinz Ewers den Dichter Herrn Walter von Molo entdeckt. Das deutsche Volk wird durch das Berliner Tageblatt aber auch davon unterrichtet, was für Den ker unsere deutschen Tageblattdichter sind. Und die Redaktion dieses Kulturorgans, die bekanntlich schwer unter Papier- und Raummangel leidet, gewährt Herrn Walter von Molo anderthalb Spalten mit Ein schränkung gern Raum: „Wir geben dem von schöner Volksliebe durchwärmten Auf satz des Dichters Walter von Molo gern Raum, obgleich er unserer Meinung nach geistige Erscheinungen, die sich gewiss in erschreckendem Masse bemerkbar gemacht haben, allzu bedingunglos verallgemeinert“. Die geistigen Erscheinungen machen sich mit Hilfe des Tageblatts allerdings in er schreckender Weise bemerkbar. Sie wer den ganz einfach durch Druck sichtbar. Nicht einmal das Rücken der Redaktions tische ist dazu notwendig. Der durch wärmte Aufsatz heisst: Ich kann nicht mehr schweigen! (Dabei dichtet der Mann nie unter drei Bänden). Und die schöne Volks liebe beginnt: „Ich sage es ungern, aber es muss sein: Unser Volk ist geistig umnachtet!“ Mit Ausschluss der Mitglieder und Leser des Berliner Tageblatts. Oder sollten etwa da auch geistige Erscheinungen sein, die sich in erschreckendem Masse bemerkbar machen. Denker müssen beweisen. Herr Walter von Molo schreibt also in dem durchwärmten Aufsatz: „Ich will einen Be weis dafür, leider gibt es dafür tausende von Beweisen, aus meinem persönlichen Arbeitsgebiete erbringen: dazu muss ich aber einen Satz lang erst von mir reden.“ Er redet zwar zehn Druckzeilen von sich, aber die geistige Umnachtung ist wichtig genug. Herr Dichter von Molo hat eine Roman-Triologie geschrieben, wirklich eine Triologie, nicht zwo, sondern drei Bände, vaschtehste. Es heist „Ein Volk wacht auf“. Ich habe das Buch nicht gelesen, erfahre aber aus dem durchwärmten Aufsatz, dass das Buch geradezu erschütternde Gedanken enthält, was man im Berliner Tageblatt für Dichtung hält. Herr von Molo hat näm lich entdeckt, dass immer und überall Lumpen und Menschen waren, wobei er unter Lumpen nicht die bekannten Stoffreste, sondern Menschen versteht. Herr Denker von Molo hat ferner entdeckt, „dass immer und überall gesucht, geirrt und vergänglich gefunden wurde und wird,“ (Auflage 50000) dass es nur eins gibt, nicht etwa die Kuh in der Tüte, sondern „das Licht im Auge zu haben und unbekümmert, auf kürzestem möglichen Wege, guten reinen Menschheits willens voll (Durchwärmung) unrechtha berisch und einig darauf loszugehen, in der Gewissheit: wir sind!“ Und Herr Denker von Molo ist so bescheiden, diese seine Gedanken (wach auf, mein Volk, auch wenn er Dich für geistig umnachtet hält) eine „Binsenweisheit, die dem Deutschen so fern ist“, zu nennen. Eigentlich kann man nichts mehr reden. Heiss mich schweigen. Aber er kann doch nicht schweigen. Dieses verfluchte Volk muss doch endlich die Binsenwahrheit fassen können. Was ist ihm nun eigentlich geschehn, dem Denker - Dichter oder dem Volke? Fest steht: ein Dreiband ist erschienen. Hierauf hat das deutsche Volk in einigen erlesenen Exemplaren persönlich Briefe