70 ungewöhnlich kräftig entwickelten Arm- und Halsmuskeln . * . Eine Kraft, die der Läuterung ebenso bedarf, wie ihr im Be reich des weiblichen Ausdrucks völlig ver sagendes Tanzen. Die kräftigen Glieder hat sie wohl in der Gewalt.“ Mein herzliebe Fraue, was singst Du so fein. Originalkritik aus der Leipziger Abendpost vom Jahre zwoundzwanzig. Ob Knabe oder Mädchen. Jedenfalls kann sie tanzen. „Bei einer Frucht ist freilich der Kern die Hauptsache, aber auch die bunte Schale kann ihren Reiz haben, so lange das Innere noch nicht ausgereift ist. Bernhard von Hindenburg“. Originalaphorismus aus der Leipziger Abendpost. Eine hafte Nuss in einer schalen Schale. Jedenfalls kann er nicht tanzen. „Ingeborg Lacour-Torrup . . . Mangel an echtem Gefühl, Unfähigkeit, Trauer und Freude auch nur zu empfinden.“ Original kritik des Leipziger Tageblatts, Fünfuhr Abendausgabe mit Börsenkursen. Erkennt sie nicht. Jedenfalls kann sie tanzen. „Eurhythmische Kunst. Völlig überzeugend und das ästhetische Gefühl wohlig befrie digend waren die Tänze nach Tönen Griegs und Schuberts; es war, als ob der Ästhet und Künstler im Zuschauer . . . plötzlich in einem weichen Rosenhügel versänke.“ Originalkritik aus derselben Nummer des Leipziger Tageblatts. Börse befestigt. Kleines Geschäft. 0 Rosenhügel. 0 Kün- ler im Zuschauer. Jedenfalls kann sie nicht tanzen. „Tanzabend Ingeborg Lacour-Torrup. Sie tanzte nicht, sie tänzelte. Die Figuren hat ten bisweilen den antikritisierenden Stil Thorwaldsens mit einem Einschlag franzö sischer Manier.“ Originalkritik aus der Neuen Leipziger Zeitung. Neu hinzutretende Bezieher sind selbstverständlich auch an dem Preisaus schreiben von fünfzehntausend Mark der Neuen Leipziger Zeitung berechtigt. Für diesen antikritisierenden Kritiker scheint nur noch die Kritik und nicht mehr das Geschlecht ein Problem zu sein. Ob Knabe oder Mädchen. Jedenfalls kann sie tanzen. ß Wortkunst Aus einem Turngedicht von Joachim Ringelnatz: Deutsche Jungfrau, weg das Armband! In die Hose! Aus dem Rocke! Aus dem Streckslütz in den Armstand, Nun die Flanke. Sehr gut! Danke! Deutsches Mädchen Hocke! Hocke! Ein Dichter trotz Reimen. Stiirtzt in Eure Katarakte Lose anvertraute Schatten In dem Gaukelspiel der Akte Lasst euch mischen und begatten. Kein Dichter, trotz Reimen. Verfasser Friedrich von Hasenclever. Noch durchschauert kaltes Grauen Da ichs denke, mir die Brust. Nimmer, nimmer kann ich schauen Dieser stillen Schuld bewusst. Kein Dichter trotz Reimen. Verfasser Walter von Schiller. Ja, man soll, mein Hasenclever sich mit Schiller nicht begatten Goethe, Heine, Werfel, Bewer Alles längst vertraute Schatten. Eine Wahrheit ohne Dichtung mit Reimen. 7 Tonkunst Endlich wird auch die Musik fortschrittlich. Bald kann sie ernst genommen werden. Die älteren Komponisten beschäftigten sich nur mit Tönen, die sie auf höchst merk würdige Weise zusammenstellten. Jetzt wird man sich bald etwas bei der Musik denken können. Das ist um so wertvoller, als die Malerei sich in Farben auflöst, bei denen man sich nun garnichts denken kann. Die Wirkung der gedachten Musik stellt sich auch bereits ein: man schläft. Denken ist nämlich sehr schwer. Herr Walther Rathenau hat die Leitung der Konzerte übernommen. Unterlegter Text von Kaiser (Georg). Zum vSchluss bleibt alles beim Alten. 3 Musik Ruhe und Bewegung eines Körpers ist nur durch Ruhe und Bewegung eines anderen Körpers wahrnehmbar. Die Tonkunst wird