27 dem schönen Buche „Anna-Blume“. Jeder Gebildete sollte es besitzen). Solchen Unfug läßt man in Hannover sich nicht gefallen. Die Seele der Intellektuellen begann zu kochen, man nahm Blei- und Blaustift zur Hand und aus dem Produkt „des Geisteskranken“, wurden priapische Verse, roh, heidnisch, schamlos Diese Verse werden demnächst als Privatdruck erscheinen. Die Presse berichtet: Niedersächsischer Volksbote: Vor der Anschlagsäule. Wer vor reichlich acht Tagen durch die Straßen der Stadt Hannover ging, wird sich gewundert haben, daß an den meisten Anschlagsäulen ein großes Papier geklebt war mit blauem Druck auf weißem Grunde. Wohl 1 Meter hoch war das Plakat und fiel allen in die Augen, die vorbeikamen. Was darauf stand? Die heiligen zehn Gebote! Eins nach dem andern stand dort mit dicken Buchstaben, und jeder der vorbei kam, mußte eins von den Geboten lesen: Du sollst nicht ehebrechen, Du sollst nicht stehlen, und wie die Gebote alle heißen. Es ist traurig, daß etwas auf den Straßen ausgeboten werden muß, was uns allen ins Fleisch und Blut übergegangen sein sollte, aber keiner von uns wird anders als mit Dank an den Menschenfreund und guten Christen gedacht haben, der diesen Dienst der öffentlichen Mission in unserer Stadt getan hat, „Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten! das stand noch unter den 10 Geboten, wei ter gar nichts. Wer heute wieder durch die Straßen der Stadt geht, findet wieder ein Plakat angeklebt: An Anna Blume! steht darüber. Lachend, lesend, kopfschüttelnd stehen die Menschen davor. „Der Mann ist verrückt,“ sagen die meisten, nachdem sie gelesen haben, gehen ihrer Wege und erzählen zu Hause von dem Plakat an der Anschlagsäule. Ob ihr Urteil recht ist, mag der Leser selbst entscheiden. Wir wollen gut von den Hannoveranern denken und annehmen, daß sie lieber auf den Titel eines Gebildeten verzichten als das angepriesene Buch kaufen. Aber sind die beiden Anschläge nicht ein Zeichen in unserer Zeit? Zwei Mächte ringen mit einander um die Volksseele. Hier Christentum und dort der Geist der Zersetzung, der Auflösung, der Geist des Sichgehen- lassens und gesteigerter Sinnlichkeit. Wüßte dieser Futuristen künstler nicht, daß er auf einen großen Teil des Publikums rechnen könnte, dann hätte er sich das Geld gespart für diesen