33 ®ueffenßedl: «Euß ber <3efdHc§fe beß ©abaißmuß Die Geschichte des Dadaismus ist in der Tat eins der interes santesten psychologischen Ereignisse der letzten fünfundzwanzig Jahre. Täglich liest man sich in seinem Stammkaffee die Kritiken vor, die aus aller Herren Länder kommen und durch ihre Entrüstung zeigen, daß man mit Dada irgend jemand ins Herz getroffen hat. Man ist betroffen, man schweigt und freut sich seines Ruhmes. Wenn jemand ein Wort mit großer Gebärde unter die Leute wirft, so machen sie sich daraus eine Religion. Credo, quia absurdum. Dada hat sich tatsächlich als einfaches Wort einen großen Teil der Welt erobert, selbst ohne an eine Person gebunden zu sein. Es handelt sich hier um ein magisches Ereignis. Dada wurde im Frühjahr 1916 in Zürich von den Herren Hugo Ball, Tristan Tzara, Hans Arp, Marcel Janco und Richard HueL senbeck in einer kleinen Kneipe, dem Cabaret Voltaire, gegründet. Hier hatte Hugo Ball mit seiner Freundin Emmy Hennings eine Variete-Miniatur gegründet, an der wir alle als Mitarbeiter aktivsten Anteil hatten. Wir waren alle durch den Krieg über die Grenze unserer Vaterländer geworfen worden. Ball und ich kamen aus Deutschland, Tzara und Janco aus Rumänien, Hans Arp aus Frankreich. Die Energien und Ehrgeize der Mitarbeiter des Cabaret Voltaire in Zürich waren von Anfang an rein künstlerische. Wir wollten das Cabaret Voltaire zu einem Brennpunkt „jüngster Kunst“ machen. Das Wort Dada wurde von Hugo Ball und mir zufällig in einem deutsch-französischen Diktionär entdeckt, als wir einen Namen für Madame le Roy, die Sängerin unseres Cabarets, suchten. Dada bedeutet im Französischen Holzpferdchen. Es imponiert durch seine Kürze und seine Suggestivität. Dada wurde nach kurzer Zeit das Aushängeschild für alles, was wir im Cabaret Voltaire an Kunst lancierten. Die Mitarbeiter des Cabaret Voltaire waren alle Künstler in dem Sinne, daß sie die letzten Entwicklungen der artistischen Mög lichkeiten in ihren Fingerspitzen empfanden. Ball und ich hatten in Deutschland den Expressionismus in aktivster Weise ver breiten helfen; Ball war ein intimer Freund Kandinskys und hatte versucht, mit ihm in München ein expressionistisches Theater zu gründen. Arp war in Paris mit Picasso und Bracques,