Jahrgang 1915-16 Zürich, den 1. November Nummer 2 Herausgegeben von Walter Serner Sphinx Der ihr Menschenzüge gab und einen Tierrumpf, war einer jener ganz Grossen, für die in dieser Symbolik alles beschlossen ist, was menschlich ist und unergründbar. Er sah auf dieses Antlitz wie durch alle hindurch und wie durch sein eigenes und die Sage, dass er und manch einer nach ihm für immer erstarrte im Schauen auf diese Züge, ist so tief wie ihre Wahrheit. Hier ist der Anfang und das Ende. Hier sucht jene aufrüttelnde Sehn sucht, die nicht einmal ein Lächeln findet und versickert, da ihr das eigene sich versagt. Hier ist die quälende Starrheit der Ewigkeit erlösender als das böse Spiel der Ohnmacht. Es hat von je zerrissen und geschmerzt. Doch der Trieb, ihm auf den Grund zu kommen, stieg nie noch über die schwäch lichen Versuche vieler und das stark Erschaute Einzelner hinweg. Jene suchten ein Gesetz, nachdem ein Dogma gesetzt war. Diese fanden Erkenntnisvolles, das zwar Dogma und Gesetz unter sich liess, aber bildmässig und ahnungsvoll blieb. Sie hofften nicht wie jene, das unabsehbar verknüpfte Netz der Schlüsse und Wahr scheinlichkeiten entspannend, den Wert in der Form zu ergründen, und damit das Gesetz ihrer Bewegung. Sie pirschten sich nicht an den Schlaf des Gesichts, um ihn zu silhouettieren, von der ge fundenen Form aus Moral und Geist zu werten und für deren Bewegungsreflexe ein Schema zu konstruieren. Sie sahen das Heer der Wirkungen, die als Geschick und Krankheit, Klima und Nahrung mehr entstellen, als das kombinierte Spiel, das mit einem Bart verbirgt, mit einer Farbe fälscht und mit Parafin polstert, zu korrigieren vermöchte. Für sie revoltierte der Umstand, dass Sokrates ein hässliches Alltagsgesicht hatte, ebenso gegen das. Dogma einer regelsicheren Beziehung zwischen Form und Wert wie das Vorkommen lebenslänglicher Berufsfriseure mit Goethe köpfen und die Lüsterne, welche eine überstattliche Mannesnase hoffend beäugt, trieb ihnen eine aussichtsvollere Physiognomik als