20 naus: eine grosse schwere Erstarrung. Wessen Gesicht sie einmal erlebte, ist unheimlich für die andern und heimlich gezeichnet für den Gezeichneten. Er ver liert Form und Bewegung aus dem Auge und weiss, dass eine hohe Stirne, ein schöner Mund erst nachher mitbeweisen, dass ein mimisch zerstörtes Gesicht noch einem Besseren gehören kann als ein glattes, das oft von dem bleichen dünnen jenes Geläuterten nicht sofort zu unterscheiden ist. Und es gibt Tage für ihn, wo jeder ein dummes Gesicht macht. Er sieht keine Ge sichter mehr. Er sucht das Gesicht. Und er findet es: einmal in einer grossen Stadt auf einer Strassenbank, in der Dämmerung, wie es geradeaus starrt und angesprochen plötzlich fort ist; oder nach einem langen Gespräch, das aus zwei Monologen bestand, in einer kleinen Kneipe, wenn lange schon geschwiegen wird und die Stille dick und saugend ist und der Lärm wie eine Mauer um sie; oder an einem Totenbett. Und er schaut auf dieses Antlitz wie durch alle hindurch und wie durch sein eigenes und die quälende Starrheit der Ewigkeit ist ihm erlösender als alles, was Spiel ist und Ohnmacht und böse. Walter Serner. Nächtliches Dorf Totenstille weit im Raum. Dunkle Dächer sind wie Mützen, Unter denen müd vom Traum Blind und stumpf die Häuser sitzen. Selbst die Kirche auf dem Hügel Glotzt verschlafen in die Nacht. Englein hängen jetzt wohl Flügel Und ein hölzner Heiland wacht. Ernst Frey. Das gemeinsame Mittagessen war schon beendet, als Frank aus dem Gymnasium nach Hause kam. Ernst stand auf der Strasse im Sonnenschein, an die weisse Mauer gelehnt und haschte Fliegen. Ein heimtückisches Grinsen schien sein Gesicht zu entstellen. Franks Augen wurden unsag bar hilflos. Wie gehetzt lief er durch die Bierstube, in der seine Mutter über einem Buch sass, das sie hastig mit schmerzlicher Heimlichtuerei im Pult verschloss. Er höite Ernst, einen Gassen hauer pfeifen. Dann stürmte er die Treppe hinauf.