25 ihnen in sich hat. Jedes gute neue Bild hat kubistische und futuristische Elemente und es ist ein Rufzeichen, dass die ägyp tische Kunst schon die eckige Flächenvernichtung kannte; nicht nur in ihren Pyramiden, die grösser sind und mächtiger als sämtliche Bauwerke des Abendlandes; auch in ihren Bildwerken, deren oft fast geometrische Auflösungen, deren unanatomische Gliederverrenkungen an Picasso gemahnen und konzentriert das enthalten, was alle wahre Grösse in der Kunst bedeutet: Stil. Er ist das geistige Auflösen des Gegenstandes in der Idee, um von ihm sich zu befreien und in ihr zu erlösen. Diese Idee, völlig intuitiv, ist letzten Endes ein Mysterium. Sein Vorhanden sein ist dann unanzweifelbar, wenn jene seltsame Ruhe über das Auge ins Herz kommt, die selbst ein Mysterium ist. Es wirkt aus den Werken Christian Schads. Dieser Maler hat früh den Wort- und Bildwust der Kunstmacherei von heute niedergetreten, indem er den Gegenstand nie fallen Hess wie jene aus Schwäche Zuweitgegangenen, die dem Auge eine Farben- und Flächenmusik machen wollen, für welche das Organ zu haben man sie behaupten lassen muss; vielmehr im ersten An fang schon ebenso wie in der ersten Reife den Gegenstand so aufzulösen strebte, dass es ein Exempel wird, dessen Resümee an den aufgerichteten Teilergebnissen sich von selbst kontrolliert. Die Idee ist da, denn sie ist geworden. Für jene ist sie geworden, weil sie da ist. Aus diesem klaffenden Unterschied steigt sich selbst beweisend die Kraft, sich unnahbar verhüllend die Schwäche. Christian Schads Kraft bewies sich, nachdem sie, gleichsam prak tisch sich orientierend, fast alle Stilwege sicher begangen hatte, um freiwillig wieder umzukehren, erstlich in einer schon weit zurückliegenden Arbeit, dem „Heiligen Sebastian", dessen Linien und Flächen zerrissen und zerhackt werden, als müsse der Schmerz des Märtyrers in viele kleine Fetzen und Splitter zerstücken, und nur die Pfeile sitzen scharf und fest. „Absalom“, der wollüstig gekrümmt an seinen Haaren schaukelt, ist wieder straffer und linearer gleich der „Illustration“ und der „Geisselung“, die um den stets reizenden Rythmus der Bewegung sich nküht und ihm bis auf die Haut der Leiber nachjagt, wo sie ihn schwarz er trinken lässt oder weiss verflimmern. Die „Verkündigung“, die die Fläche windet und wie verknüllt und so sehr viel Entgegen gedrängtheit und Zurückweitung aus ihr herauszieht, ist eine grosse Stufe, welcher, obwohl scheinbar ohne entwicklungsmässigen Zusammenhang, eine Reihe durchaus kubistischer Holzschnitte und Radierungen folgen, die dann erklärend ?upi ersten völlig reifen Werk führten, dem Porträt auf Seite 23. Hier ist die Kontur mit verblüffend sicherer Kraft zerschlagen und durch kurzes Zerschneiden der Linien und eckiges Auflösen der Flächen die unterirdische Richtung eines Gesichts so ununterbrochen herauf