s Jahrgang 1915-16 Zürich, den 1. April Nummer? Herausgegeben von Walter Serner Das Theater Es entstand, als das Bedürfnis des Menschen, zu sich zu kommen, so stark geworden war, dass es, wie Einzelne es ge stalteten, Viele nacherleben konnten. Es war ein Ersatz für den Rhapsoden, dessen Stimme für die Menge, die ihm zu lauschen kam, zu schwach war und wohl auch dessen Wort, und für jenen Geist, der auf sich selbst hört, um Ruhe zu finden. Der es ihm sagte, war noch nicht erschienen. Der Ursprung der griechischen Tragödie, die mit der Götterwelt ihres Volkes keinen Himmel zu verheissen hatte, lag in diesem Unerfüllten, das gleichwohl von Plato schon fast behoben war. So stellte sie den Menschen in den Kampf gegen das Schicksal, das die Götter bereiteten, statt in seinen eigenen, der allein sein Schicksal ist. Und so wurde sie, deren Helden an der Moira zugrunde gingen, die Ursache der grossen Heiterkeit, die so gross hur werden konnte, weil jener Kampf ja doch fruchtlos bleiben musste. Der Himmel, den jeder sucht, der zu sich kommen will, wurde, da ihn das feindliche Geschick auf Erden vereitelte, nicht dort gesucht, wo er zu finden gewesen wäre, sondern von der kindhaft findigen Selbsterhaltungskraft der Schwäche hienieden errichtet und der Kampf, der auf dem Theater den Menschen unterliegen Hess, im Leben aufgegeben. Damit war jenes Bedürfnis, dessen Stärke zu schwach gewesen war, befriedigt und zur spielerischen Bestätigung eines Lebens, dem es nichts mehr zu erleben gab, herabgesunken. Und schon war auch die Komödie, welche die Tragödie längst geworden war, bei der Hand, die Tragödie, die es niemals ganz gewesen war, abzulösen. Zur selben Zeit ereignete sich am Jordan die grösste Tragödie, die jemals sich ereignet hat, und erst erfüllte, was bis dahin ihrem Begriff zur Wahrheit gefehlt hatte. Sie ward, als ihre Gewaltigkeit die Welt überdröhnte, der Tod des griechischen Theaters, aber auch zum Anfang eines neuen, das den Geist, der auf sich selbst gehört und das gepredigt hatte, auf seinem Passionsweg spielte. Jede Tragödie, die gespielt wird, ist keine