- Diese Beziehungen sinid in allen Ländern ein ziemlich zuverlässiges Barometer politischer Natur, was ich hier nicht weiter ausführen will. Es liegt auf der Hand, daß ein Land um so mehr abhängig wird (nicht nur im Kriegsfall, aber besonders in 'diesem) und um so schwerer sich umschalten läßt, je mehr es sich auf eine bestimmte ausländische Lieferungsquelle für Kriegsmaterial eingerichtet hat. Es lag für Belgien auch keinerlei technische Notwendigkeit vor, sich an Krupp zu wenden, der z. B. Frankreich gegenüber in seinen Konstruktionen von jeher weit unterlegen war und nur mühsam nachhinkte, wie jeder Fachmann, auch in Deutschland, weiß. Krupps Qualitäten liegen auf einem ganz anderen Gebiet als dem der besseren Konstruktionen und Erfindungen. Kurz, Belgiens Be ziehungen zu Krupp waren der Ausdruck eines freund schaftlichen Bestrebens gegenüber Deutschland. Ich habe immer den Eindruck gehabt, daß Belgien das geschäftegierige, empfindliche, scharf naohdrängende Deutschland durch reichliche Aufträge bei guter Laune erhalten zu können glaubte, während es von Frank reich, dessen Industrie wenig Regierungsunterstützung genoß und zudem sorgloser war, Verständnis für die Gründe der Bevorzugung Deutschlands und Begnügung mit den menschlichen Sympathien erwartete. Wenige Monate nun vor dem Kriege knüpfte Bel gien ein weiteres und besonders wichtiges Band zwi schen sich und Krupp. Es überließ sich hinsichtlich einer neuen (kaum erprobten) Munition für Feld artillerie ganz dieser Firma. Krupp, der sich bedeu tende direkte Bestellungen zusicherte, übertrug die Berechtigung zur Fabrikation dieser Munition an Cockerill, unter Mitwirkung natürlich der zuständigen Behörden, die sich für ihre eigenen Werkstätten das gleiche sicherten. Das hieß für Cockerill und das belgische Kriegsministerium rege und andauernde Zu sammenarbeit mit Kruppschen Vertretern, Ingenieuren etc. und entsprechende Abhängigkeit vom Lizenzgeber. Ich hatte damals häufig den Besuch eines Cockerill- schen Direktors, und halte es nicht für überflüssig, zu bemerken, daß mir noch bei Kriegsausbruch ein 36