39 gründlich verwüstet, schamlos ausgesogen unid sich gründlich entfremdet hat. Durch die fortwährenden Kriegskontributionen, die Dezimierung unserer Bevöl kerung, den von außen hineiügetrügenen Zwiespalt zwischen Wallonen und Flamländern, durch die jahre langen Schindereien, welche sich deutsche Militär- und Zivilbeamte gegen ganze Verbände, sowie gegen Einzel personen erlaubt haben, ist das reiche und glückliche Belgien eine Stätte geistigen und wirtschaftlichen Elends geworden. Man hat die saftige Frucht genossen und ausgequetscht — wozu ist sie noch weiter nütze? Andere Kreise denken freilich daran, Belgien als Sicherheit gegen England und Frankreich dauernd zu verwerten. Sie möchten sich am Aermelfcanal ein zweites Reichsland schaffen, etwa wie Elsaß-Lothrin gen, und ihm nach dem Kriege alle Segnungen der deutschen Kultur aufzwingen. Offen gesagt: wir gönnen uns ein besseres Los. Und wir sind sicher, daß jeder freiheitlich denkende Schweizer fühlt wir wir. Freilich wird es erst etliche Jahre nach dem Frie densschlüsse möglich sein, dem Publikum die Leidens geschichte Belgiens an Hand der Dokumente vorzu- zuführen. Heute macht die kaiserlche Zensur des In- und Auslandes noch „Geschichte“. Morgen aber werden die Geschichts/orsc/z-er an die Arbeit gehen, und über morgen werden die ersten Kapitel eines Monumental werkes erscheinen, welches zwar auch „nere perennius“ sein dürfte, aber von dem preußischen Kultusmini sterium den deutschen Schulen nicht vorgeschrieben sein wird — es sei denn, daß im Reiche ein ehrliches Geschlecht heranwachse, das die Wahrheit zu hören wünscht und sie vertragen kann. Auch diese Hoffnung wollen wir nicht gänzlich fahren lassen! Vielleicht bereitet sich doch die Geburt des neuen Deutschtums vor, dem alle Gewaltpolitik und Doppelmoral ein Greuel sein wird. Jedenfalls muß die deutsche Politik zuerst ein ganz neues Blatt Weltgeschichte schreiben, bevor ihr die alten Sünden verziehen werden und der Reichs deutsche sich wieder in der übrigen Welt zeigen darf, ohne daß man ihm den Rücken kehrt-, oder heimlich