94 Der ekelhafte Verleumdungsfeldzug der Schmalz *) und „Sehmalzgenossen“ un(d das Attentat ides Studen ten Sand auf Kotzebue hatten eine Reihe von Aus nahmegesetzen zur Folge, die der Gesellschaftsrettung dienten. Die liberalen Männer der großen Zeit wurden in Acht und Bann getan, die Universitäten, Vereine, Versammlungen und Zeitungen geknebelt; eine nieder trächtige Geheimpolizei schnüffelte im Lande nach „Demagogen“ umher und wagte sich bis an Stein, Gneisenau, Schleiermacher, Arndt, Jahn und hundert andere Fackelträger der preußischen Demokratie. Alle Vorarbeiter der Reformgedanken verschwanden nach und nach von der politischen Bühne: Hardenberg und Humboldt, der Kriegsminister Boyen und der) General stabschef Grolmann wichen mut- und machtlos den Intrigen der Junkerpartei, an deren Spitze der Fürst Wittgenstein stand. Der liberale Kanzler Hardenberg hielt bis zuletzt aus. Preußen war durch die napoleonischen Kriege total verarmt. Die Wiederherstellung der Staats finanzen konnte nur durch eine gründliche Neuord nung des gesamten Steuer- und Zollwesens geschehen. Hardenberg verlangte für die kommenden Staats anleihen die Garantie und Kontrolle der längst ge planten Reichsstände. Diese konnte man in Geldfragen nicht gut umgehen und damit war der erste Grund zu einer Verfassungsreform gelegt. Hardenberg ver langte eine preußische Gemeindeordnung, die jeder Kommune ihre Selbständigkeit verschaffen sollte. Die große Schwierigkeit war nun aber die Ver einheitlichung dieser Gemeindeordnung. Preußen be stand nämlich noch immer (wie auch heute noch) aus zwei ganz grundverschiedenen Teilen: den alten ost- elbischen Provinzen und dem westlichen Rheinland und Westfalen. Im Westen bestanden die von Harden berg gewünschten selbständigen Landgemeinden schon lange; im Osten aber waren unter dem Junkerregiment alle Ansätze freier Bauernge'meinden mehr und mehr *) Theodor Schmalz, 1760—1831, Staatsrechtslehrer und Publi zist, bekämpfte den 1808 in Königsberg zur Wiederaufrichtung Preußens begründeten „Tugendbund“.