102 Spruchorgan der Hofkamarilla wurde und die bis zra den Tagen des Herrn von Hammerstein (September 1895) die Brut- und Geburtstätte der Berliner Hof- skanjdiale igelblieben ist. Wer Preußens wirkliche (das heißt nieht offiziell verfärbte) Geschichte studieren will, muß die „Kreuz-Zeitung“ studieren; sie ist länger als ein halbes Jahrhundert, die maßgebendste Ge schichtschreibung Preußens von, der Kehrseite her ge wesen; sie hat auch heute ihre Bolle noch nicht aus gespielt. Wenn ihr auch der Skandal Hammerstein arg geschadet hat und sie heute nicht mehr das aner kannte Organ der Hofpartei ist wie in den Tagen des seligen von Gerlach, so ist sie doch das maßgebende Sprachorgan der noch immer in Preußen maßgeben den Junkerpartei geblieben. „Sämtliche Könige sind unfähig zu regieren, wenn man sie nicht mehr für von Gottes Gnaden hält“, das war das Dogma der Junkerpartei, und der König hörte es nach der Bevolution noch lieber, als zuvor. Unter dieser Voraussetzung mußten die Beratungen des Frankfurter Parlaments zum Possenspiel werden. Des deutschen Volkes Kaiserkrone, die dem König von Preußen von diesem Parlament angetragen wurde, er schien denn auch den Junkern als „eine schmutzige, von Bevolutionären überreichte, unten wenigstens rot gefütterte Narrenkappe“, wie Herr von Gerlach das so elegant ansdrückte. Noch eleganter und kategori scher drückte sich Friedrich Wilhelm IV. selbst aus: er nannte die deutsche Kaiserkrone des Frankfurter Parlaments „eine Schandikrone“ und „ein Halsband des Leibeigenen im Dienste der Bevolution“. Es war den Junkern nicht schwer gefallen, dem König und seinem Anhang klarzumaohen, daß die große deutsch- nationale Bewegung und die Idee eines demokratischen deutschen Kaisertums nur das Werk weniger Fran zosen, Polen und (natürlich!) Juden war. Der damalige „Kreuz-Zeitungs“-Bedakteur Wagner bezeichnete in seinem Staats- und Gesellschaftslexikon die „Kaiser- macherei“ als „ein jüdisches Geschäft“. Nach der Knebelung der Bevolution und dieser gottesgnadentümeilnden Ablehnung der deutschen