108 1815, 1850, 1878/90, 1910, 1913/14 = reaktionäre Wirklich keiten. Bismarck und die Junker. Fünfzig Jahre sind seit jener Bismarokrede ver flossen, aber noch immer ist das „elendeste aller Wahl systeme“ über die Aera königlicher Reform versprechen nicht hinausgekommen; präzise Wahlreform verspre chen wurden von Wilhelm II. gegeben am 20. Oktober 1908, 11. Januar 1910, 15. Januar 1916 und endlich, last not least, 7. April 1917. Unter Bismarcks Führung begann der Staat Preu ßen eine ganz neue Außenpolitik. Ueber die Beweg gründe zu dieser neuen Außenpolitik hatte Bismarck schon von Petersburg aus an seinen Freund v. Roon geschrieben: „Nur durch eine Schwenkung in unserer auswärtigen Haltung kann die Stellung der Krone im Innern von dem Andrang degagiert werden, dem sie auf die Dauer sonst tatsächlich nicht widerstehen wird.“ Das Ausschlaggeb ende für Bismarcks Außen politik war also (wie nicht nur aus diesem Brief, sondern auch aus den meisten seiner sonstigen Aeuße- rungen hervorgeht): „die Stellung der Krone im Innern“. In der Tat war die innere Lage Preußens für das Junkertum auf die Dauer hoffnungslos. Ohne das von Bismarck ersonnene „degagement“ wäre es dem „An drang“ des liberalen Bürgertums (das in Preußen genau denselben demokratischen Idealen zustrebte wie anderswo) über kurz oder lang erlegen. Diese populäre Meinung im Interesse der Dynastie und des Junkertums durch die politisch-militärische Tat zu widerlegen: das wtar Bismarcks genialer Plan. Preußens Regierung stützte sich (und stützt sich noch heute) in ihrem erbitterten Kampf mit dem Liberalis mus einzig auf das Junkertum. Wenn nun diese so fundierte Regierung das vollbrachte, was die Pauls kirche in Frankfurt vergeblich versucht hatte, wenn sie den Liberalismus dadurch diskreditierte, daß sie dem Volke zeigte, daß die Errichtung der höchsten nationalen Ideale nur mit Hilfe der vom Junkertum