111 Darin täuschte sich von Roon gründlich. Bismarck wußte, was er tat und für wen er es tat. Meisterhaft wußte BismJarok jede Festigung des parlamentarischen Gedankens und Regimes zu ver hindern. Weniger meisterhaft, aber um so brutaler knebelte er auch die neu auftretende sozialistische Be wegung. Fortan konnte Bismarck sein eigentliches Ziel als erreicht betrachten und sich ganz wieder seiner ersten unld einzigen Liebe hingeben, die in keinem Augenblick aufgehört hatte, ein ostelbisches Idyll (wenn auch mit modernisierten Außenseiten) zu sein. Vom Freihandel ging Bismarck über, zum „Schutze der nationalen Arbeit“, das heißt, er unterstützte „not- leidende Agrarier“ und schuf Schutzzölle. Was sich im Laufe der liberalen Aera und der Kriegspolitik bürgerlicherseits in maßgebende Stellen eingedrängt hatte, das wurde entweder beseitigt oder aber feudalisiert. Die Junker im modernen Preußen. Mit einigen leicht zu verwindenden Kratzern hatte sich das Junkertum unter Bismarcks genialer Führung aus dem Strudel der R e volutionszeit und der Kriegs- ereignisse herübergerettet in die moderne Welt. Nichts oder fast nichts war ihm verloren gegangen, und bis auf den heutigen Tag hält es alle seine politischen Pri vilegien ungeschiwächt aufrecht. Und noch immer pro testiert es lebhaft gegen jede (aber auch jede) liberale Reformidee. Noch immer predigt es die Rückkehr zur guten, schönen Zeit der Batrimonialobrigk eiten. Im ersten Augenblick hatten die Männer der „Kreuzzeitung“ äußerst heftig gegen das neue Reichs- tagswiahlrecht protestiert. Auch Bismarck hatte im stillen immer eine so lebhafte Abneigung gegen diese demokratische Einrichtung, daß er sich Ende der 60er Jahre mit der ausgesprochenen Absicht trug, „den ganzen Klimbim“ wieder äbzuschaffen. Aber im Laufe der Zeit überzeugten sich die Junker, daß dieses Wahl recht und dieser Reichstag ihrer Machtstellung in keiner Weise Abbruch taten. Ein Parlament ohne ver antwortliche Minister, ohne Kontrollrechte über die