176 Trommler vorzieht. Wenn also in solchem Lande ein Sproß mosaischen Blntes einen „Aufruf zur Freiheit“ schreibt unld in solchem Buche mit keinem Wort die jüdische Frage erwähnt, gleichzeitig’ aber seine Feder von „Verantwortung“ triefen läßt — hat man dann nicht das Recht, ihm jenes primitivste Verantwor tungsgefühl, nämlich seiner unterdrückten Rasse gegen über, abzusprechen'? Ist seine ganze moralische Phra seologie (Seele, Glaube, Transzendenz, Gott, Erlösung usw.) mehr als ein Quark? Wird sein Werk mehr sein als die hassende, hoffende, fürchtende Elaboration eines ehrgeizigen Gehirns, das auf den Botschafter posten in London spekuliert und darüber zum Rene gaten wird an seinen deportierten polnischen Brüdern? In der Tat weiß Herr Rathenau zur Lösung der Juden frage im Deutschen Reiche nicht mehr zu sagen, als daß er in bündiger Korrespondenz mit einem Herrn von Trützschler-Falkenstein, die er als Broschüre „Streitschrift vom Glauben“ betitelt, die Israeliten mit der „intelligiblen Freiheit“ vertröstet, statt ihnen zur politischen zu verhelfen. Oh diese intelligible Freiheit,, die keinen Groschen wert ist, wenn gleichzeitig dabei geprügelt wird! Und doch war sie die Ausrede aller deutschen Reformatoren, 'von Luther über Kant und Marx bis zu Herrn Rathenau. In einer Zeit, in der die Judenfrage unter dem Zeichen des Zionismus und des befreiten Jerusalem einer endlichen Lösung ent gegensieht, katzbuckelt ein Jude hier vor der preußi schen Feudalität! Das Ziel. Rathenaus Ziel, wenn er seine intelligible Freiheit befragt, ist der Botschafterposten in London. In seinem Buch „Von kommenden Dingen“ aber ist das Ziel ein mal die „menschliche Freiheit“, ein andermal „der materiell unbeschränkte Staat“. Das ist also für ihn ein und dasselbe. Freiheit definiert er als „Ueberwin- dung aller mechanisierten Materialität nach deren Durchdringung mit Geist, Seele, Glaube und Verant wortung“. (Verantwortung der Freiheit gegenüber? Nein, gegenüber dem Staat). Der materiell unbe