236 achten, nichtsdestoweniger von der Allgemeinheit zn praktischer Anwendung gebracht werden könnten; und Handlungen, wie wir sie vom Einzelnen erwün- schen, betrachten wir als undurchführbar und phan tastisch für die Allgemeinheit. Die Wahrheit ist, daß das unermeßliche Weh der Stunde — daß in der Tat die ganze 'Geschichte des 'Menschen — diesen teuf lischen Dualismus widerlegt. Und die Gesalbten des Herrn halben uns immer wieder gepredigt, daß es nur ein einiges Leben gebe; was Gesetz, was gut oder wahr, sei Wahrheit, Rechtlichkeit und Gesetz überall. Und in seltenen Augenblicken moralischer Erleuch tung begreifen wir auch den Bankerott der den Ge boten des Geistes und des Mitgefühls entratenden ma teriellen Macht; sie hat sich von jeher als unfähig und trügerisch erwiesen und hat das Menschen geschlecht von Abgrund zu Abgrund geführt — vom Untergang Aegyptens und Israels bis zum Untergang von Athen und Rom; von der Finsternis und den Schrecken des mittelalterlichen bis zu den unfaß baren Greueln des heutigen Europa. Und so handelte Präsident Wilson, indem er sich der Strömung dieser Zeit entgegenstemmte, mit außer ordentlicher politischer Kühnheit und Zuversicht. Er ruft die Nationen auf zu einer gemeinsamen Unter nehmung, die, wenn sie glückt, den alten Konkurrenz kampf und das Leid der Welt in gemeinsame schöp ferische Arbeit und Freude verwandeln müßte. Ich möchte Wilsons Sehertum und staatsmännische Kunst keineswegs übertreiben. Ich gebe seine früheren Irrtümer zu und beklage seinen Mangel an Einsicht in seinem Verhalten zu Deutschland, obgleich der Glaube an diese Irrtümer sich mehr als ein schein barer, denn als wirklicher erweisen dürfte. Mögen sein Zaudern und seine Geduld sich fr echtfertigen lassen oder nicht, jedenfalls besteht er heute auf einer Me thode, auf einer Weltgerechtigkeit, welche Angriffe auf die Menschheit, wie sie Deutschland unternahm, für immer unmöglich machen wird.