239 mit fielen die meisten jetzigen europäischen Regie rungen dahin. Es würde sowohl eine vollständige geo graphische Neueinteilung als eine tiefgreifende poli tische Umwälzung in allen Ländern östlich des Rheines und der Adria stattfinden. Die Existenz von zwei alten Reichen würde aufgehoben; verschiedene neue Staaten ins Leben gerufen. Vergessene, an Schönheit und Fruchtbarkeit reiche Volkskulturen würden das Herz der Welt beglücken und. erheitern. Den ver schiedensten Arten von industrieller Konzentration und Individualisation, zahlreichen neuen politischen Sonderformen und sozialen Versuchen würden Spiel raum und Unterstützung gewährt. Alte und ver drängte Literaturen, glänzende, versunkene Zivilisa tionen würden allgemeine, freudige Auferstehung feiern. Europa würde, verglichen mit dem, was es heute ist, 'zu einem ganz andern, fast paradiesischen Kontinent. Das Deutsche Deich selber muß in den Schmelz tiegel zurückgehen und die deutschen Völker werden eingeladen, über die Formen und Methoden zu ent scheiden, mit denen sie sich regieren wollen. Denn man muß immer wieder daran erinnern: Deutschland hat weder eine Selbstregierung, noch sind die Deut schen im wirklichen Sinne ein politisches Volk. Sie haben keine politische Tradition: die rein politische Erfahrung geht ihnen ab und ihr Reich ist kein poli tischer, sondern ein militärischer Staat. Das Deutsche Reich ist die Schöpfung des dem deutschen Volke von Junkern und Prinzen auflgezwungenen preußischen Schwertes, das nun das Instrument werden sollte für die Weltherrschaft der deutschen Industrie und Kul tur. Am Aufbau ihres Reiches hatten die Deutschen sich nur durch ihre gehorsame Zustimmung beteiligt. Weder geistig noch politisch wirkten sie an seiner Ausgestaltung mit, und sie haben mit seinen gegen wärtigen Führern nichts gemein. Der ganze Ver lauf der deutschen Geschichte vollzog sich unter dem Druck von oben — wurde von Fürsten gelenkt, denen das Volk mit wenig oder ohne Empfindlichkeit und Selbstbewußtsein gehorchte. Ein politisches Deutsch-