der „Freiheitsdichter“ dieses Weltkrieges der Herois mus des Heldentodes über den der Arbeit und des Lebens triumphierte, so hat doch alle Kriegslyrik und alle politische Kriegsberichterstatterromantik den sittlichen Zusammenbruch nicht aufhalten können. Obgleich gewiß wenig Gefahr bestand, daß im deutschen Volke der Geist des universellen Humanis mus, von dem man früher in Deutschland recht viel gehalten, erwachte, griff man militärischerseits zu Vorsichtsmiaßregeln. Man verhängte über das gesamte Land den Belagerungszustand, und es dürfte eines der größten politischen Ereignisse dieses Weltkrieges bleiben, daß in wenigen Wochen die politischen Insti tutionen des Deutschen Reiches von 1914 sich ohne Störung einem Gesetz von 1851 anpaßten und unter- ordneten. Der Obrigkeitsstaat triumphierte auf der ganzen Linie. Die Degradierung des menschlichen Indivi duums war vollzogen, und man sollte nicht das Ver dienst derer um David, Ebert, Scheidemann*) ver kleinern, das sie sich um die Aufrichtung dieses immerhin eigenartigen „Zukunftsstaates“ erworben haben. Die Rückwirkungen des Krieges finden wir in Deutschland nicht in individuellen, sondern in Massen reflexionen. Wenn z. B. Herr Medizinalrat Dr. W. Fuchs in einem Flugblatt schreibt: „Erziehung zum Haß! Erziehung zur Hochachtung des Hasses! Organisation des Hasses! Fort mit der unreifen Scheu, mit der falschen Scham vor Brutalität und Fanatismus. Auch politisch gelte das Wort Mari- nettis: „Mehr Backpfeifen, weniger Küsse.“ Wir dürfen nicht zögern, blasphemisch zu verkünden: Uns ist gegeben der Glaube, Hoffnung und Haß! Aber der Haß ist der größte unter ihnen!“, so ist das leider nicht eine singuläre Erscheinung, sondern das literarische Elaborat der Weltanschauung einer bestimmten Gesellschaftsschicht.**) Man könnte. *) Mehrheitssozialisten. **) Der Alldeutschen Verbände. 272