4 als jubelndste unserer Forderungen bejahen würden. Aber heute wird jedes mutige Herz für die Menschheit stimmen, nicht für die Gewerkschaft. Die atomistische Kleinlichkeit des Gewerkschaftsprogrammes ist heute jedem Auge sichtbar. Die edle Liebe zur Erde, die Entfaltung des Menschheitsbe wußtseins — nicht natürlich in einem Einzelinteresse sondern in einem höchsten Gemeinschaftsziel — hat heute sogar schon letzte kleine Lichter auf die Friedensprogramme der einander feindlichen Staaten geworfen; und Regierungen arbeiten in ihren Manifesten heute selbst mit Grundbegriffen von Ideenrichtungen, die sie vor wenigen Jahren noch in grausamen Ver folgungen ausrotten wollten. Es ist Zeit, eine Bewegung, die auf der Vereinigung von Menschheits- bewßutsein und Gemeinschaftswillen baut, nicht mehr nach dem ablenkend negativen Schlagworte chaotischer Isolation zu bewerten, nach allem was sie von sich ausschließt, sondern nach den unmittelbaren Ideen, welche ihr die führenden sind. Diese Ideen strahlen im Begriffe «Sozialismus» zusammen. Das ist: bewußt hülfreiches Gemeinschaftsleben einer freien Menschheit. Aber die Menschen werden sich noch einmal vor eine ungeheure Prü fung gestellt sehen. Ein Riesenkessel von Verwechslungen, Vertauschungen aus Absicht, von Verkennungen wird kochen. Alles, was wir heute schon «Sozialismus» nennen, ist in Wahrheit getrübt durch die kurzfristigen Interessen des Relativen, durch Schiebungen zwischen Macht und gerin gerer Macht, durch Kompromisse voll von Grenzen. Gegenüber diesem unfreien, diesem nur bedingten Sozialismus ist heute der Kapitalismus fast unbedingt zu nennen. Darum wird auch nicht dieser ungelebte und nur abgenötigte Zehntelsozialismus dem Kriege ein Ende machen, sondern der Kapitalismus. Der Kapitalismus wird dem Krieg ein Ende machen im Kampfe gegen den Pseudosozialismus; er wird das dann tun, wenn er sich ernstlich bedroht sieht. In dem Moment, wo der Torso-Sozialismus völlig in den Staat eingehen will, wird der Kapitalismus seinen geringem Gegner abschütteln, und in jenem sichersten Wirkungskreis des Kapitalismus: seiner Internationalität, die sich des Staates bedient, seine überstaatliche Macht erweisen. Nach diesem Kriegsende von Gnaden des um sich besorg ten Kapitals wird noch einmal eine ungeheure Welle des kapitalistischen Sieges von innen her über die Welt stürzen; eine fürchterliche Begeisterung für das bunte Weltvariete des Kapitalismus wird aufbrechen, und nichts wird billiger sein als das Mißverständnis des Sozialismus, nichts be quemer als seine Verachtung, nichts deutlicher als der Widerspruch zwi-