31 merkwürdiges Unverständnis für das irdische Phänomen, dem beizuwohnen uns beschieden ist. — ... Dieser Krieg ist die fürchterlichste Schmach, die je geworfen wurde auf den Vorzug: zu leben, auf die Würde: zu denken. Wir durchschreiten eine der schmählichsten Stunden der Geschichte. Und wenn auch kein Mensch das zu sagen wagt, in seinem Herzen fühlt es doch jeder. — ... Der unermessliche Marterweg unserer lieben Frau der Menschheit: der ist die wahre Dichtung. — ... Sicherlich wird die Literatur sich noch lange die goldene Lüge vom Kriege wahren, die sie so schamlos verschleisst; denn dies ist die Macht der geschwollenen Redensarten und der Gemeinplätze, dass die Menschen sich ihnen mit einer unbegreiflichen Willfährigkeit unterwerfen.“ — Hört. Es geht für die Menschheit. Und selbst noch der letzte Vorstadt dramatiker, der offen für die Menschheit spricht, ist der Erde tausendmal wichtiger, als der sogenannte tiefe Dichter, der sich verbirgt. — Aber wer spricht so? Dieser Henry Bataille der Vorrede, sonst Lieblingsdichter der mondänen Effekttheater, ist ein unbedingt mutvoller Mensch, der sich mit seinem Herzen einer Legion von Blutschwätzern (beider Seiten des Draht verhaus!) entgegenstellt. Das ist ein Mensch, der dennoch wieder bewusst genug spricht, um uns hören zu lassen, dass er nicht allein ist, und der die zahllosen Scharen seiner schweigenden Freunde kennt. Dieses Wort vom Menschen wurde gedruckt und gelesen in Paris. In Frank reich, wo man immer noch den Sprecher, der nicht dem Krieg heute zustimmt, auf diesem hellen, weiten, rechten Ufer des öffentlichen Lebens mit allen Mitteln einer drohenden Amtlichkeit und einer wirksamen Presse ersticken kann. Dennoch wagte sich Bataille vor, ein Genosse der Menschheitlichen, mit der Unverstelltheit des zweifellosesten Wortes. So ist man verpflichtet zu fragen: Warum verkriechen sich die selbstgerechten Freiheitsmänner von Ländern, die heute ihre Schreiber weniger zensurieren, hinter die Geheimtüren einer anspielungsreichen Intellektual-Literatursprache? Aus Angst vor Pressungen durch Behörden? O nein. Aus Mangel an Liebe, Mitgefühl und der einfachsten Achtung vor der Menschheit. Aus Mangel an Teilnahme. Aber wir wollen auch das verlegen böse Schweigen derer nicht vergessen, die verpflichtet waren zu reden; wir wollen es nicht vergessen, dann, wenn die Welt einmal ihrer Freunde von der lauten menschlichen Stimme gedenken wird! * Georg Tr. tflicotai: ‘Biofogie des {Krieges (Verlag Orell Füssli, Zürich.) Die vorige Nummer des 2>eH-Gcßo begrüsste Nicolais in der Aktion erschienene Aufsätze. (Unglaublicherweise die einzige öffentliche Zustimmung seit einem Jahr!) Jetzt sind sie im systematischen Buch da; jedem Menschen guten (und bösen) Willens zur Verfügung. Dieses Buch wird dem kommenden Geschlecht selbstverständlich sein. Heute darf man nur in gefasstestem Ernst