43 mit Tuberkeln infizieren, im wahllosen, ungeklärten Verlangen nach innigster Gemeinschaft die Syphilis anhängen, und wir wollen uns wieder sprechen. Der Künstler von morgen hat weder den Ehrgeiz, ein Künstler, ein Könner, noch ein bloßer Wisser zu sein. Er verachtet alle Taschen spielerkünste. Ein tfflüsser sein, ist sein Lebensinhalt. Sein Aktions feld wird weniger das geschriebene Wort sein als das geschriene. Kirchen türen, Brunnenränder, Brückengeländer der Großstädte werden seine Tribüne sein, von wo er seine Blitze, Posaunenstöße, Zündungen und Tatbazillen schleudern, schmettern, verschenken und verteilen wird. Der Dichter der neuen Generation wird kein „Poet“ sein, vielleicht (äußerlich wenigstens) nicht einmal ein Dichter. Höchstens ein Literat. Er wird den Propheten des alten Bundes gleichen: den Marktplatz wird er zum Tempel machen; in der Börse wird er den Richterstuhl des Unbedingten errichten; seine Zunge wird wieder eindeutig werden, sich nicht hinter Symbole verstecken; Schweine wird er mit Schwein anreden und Ohrfeigen dafür dankend kassieren. Denn seine Berufung ist nicht, kinematographische Dramen des Lebens poetisch einzurahmen, sondern ewige Wahrheiten restlos auszusprechen. Das Schwein aber ist eine ewige Wahrheit; darum muß er die Welt vor die Entscheidung zwingen: Schwein oder Lichtl Er wird die banale Sprache des Volkes reden, aber in seinem Munde werden alle entwerteten Worte ihre ursprüng liche Kraft zurückgewinnen, verstärkt durch den langen Weg der Er fahrung. So wird er das Volk, das keine Spezialsprache kennt, durch unmittelbare Ausdrucksweise zur unmittelbaren Wahrheit zwingen, das heißt zur direkten Tat. So erfüllt er seinen Dichterberuf; denn Dichter sein, heißt Schöpfer im Geist sein, heißt den Geist ins Materielle über tragen, in Leben umsetzen. Der Dichter wird der eigentliche Politiker sein, der Kraftmotor des öffentlichen Geschehens. Aber er wird sich hüten, die aktive Rolle des Hetzers zum Leben, des Aufwieglers der ja sagenden Instinkte mit der passiven des Leithammels, des bezahlten sogenannten Führers zu vertauschen oder zu verwechseln. 2. Denn es gibt nichts Erbarmungswürdigeres unter der Sonne, als die geschobenen Schieber, die Realpolitiker des Bauches, die nicht der Geist treibt, sondern das Parteiprogramm und (was schlimmer ist als dieser Buchstabe): der Opportunismus. Der politische Führer von heute,