56 die sonst übliche Ordnung um: zuerst die Gesinnung, dann die Wissenschaft, Das ist von großer Bedeutung. Zweierlei folgt daraus. Erstens: wir werden vom Dogmatismus erlöst, der unsere ganze Bewegung verheert. Denn wenn man den Sozialismus vor allem in einer Wissenschaft erblickt, dann legt man sich leicht auf eine bestimmte Wissenschaft fest. Man erhebt bestimmte Sätze zu Dogmen, man bekommt eben eine Orthodoxie, eine Kirche des Sozialismus mit allem Zubehör, man schließt sich von dem Strom der geistigen Entwicklung ab und vergeht sich in innerem Krieg und Kampf gegen die Ketzer. Natürlich: Wenn das die Wahrheit des Sozialismus ist, eine bestimmte Wissenschaft, dann wäre ja man verloren, falls diese Wissenschaft nichts mehr gälte, und muß sie verteidigen bis aufs Blut. Anders aber, wenn der Sozia lismus vor allem eine Gesinnung ist, ein Willensziel, ein sittlicher Glaube. Dann ist man seiner auf alle Fälle gewiß, 'mag die Wissenschaft noch so sehr hin und her schwanken. Er ist so gewiß, wie es gewiß ist, daß der Mensch ist und als Mensch nicht aufhören kann, nach einer Verwirklichung vollen Men schentums zu streben: er ist so gewiß als der Glaube an das Gute ist, nicht gewisser, aber ebenso gewiß, das heißt: gerade gewiß genug für den streben den und kämpfenden Menschen.“ (Februar 1916. Und als Vortrag vor Ar beitern gehalten. Wo hat man zu denen schon so gesprochen?)— Der kühne und unbekümmerte Mitherausgeber der Zeitschrift, J. Matthieu, geht auf dieses selbe Ziel mit den Denkwaffen des antiautoritären Sozialismus zu. Verwirklichung der zwangfreien, menschlichsten Gemeinschaft auf Erden nach den Forderungen des Menschen, der sich zum Unbedingten bekennt. Die Worte dieser Männer und ihrer Freunde und Schüler (E. Brunner, ausgezeichnet durch Umfang und Ernst) stehen alle da als völlig selbstver ständlich; sie sind undoktrinär, und gar nicht von der Farbe des eiligen Neulings. Hinter jedem Satze der Matthieu und Ragaz sieht man tiefe Per spektiven von Wissen, das diese Männer nur ganz haben aufgehen lassen in Reinheit und Ziel. ß, e R. ♦ Die Zeitschrift ist keine bibliophile, sondern eine moralische Angelegenheit. — Nicht aufgenommen werden Werke irgend einer Unterhaltungsabsicht, beschrei bende Zeichnungen, Gedichte, Novellen und Betrachtungen, die allein der Er klärung und der Bildung dienen. Zur Veröffentlichung zugelassen sind nur fordernde Formulierungen von europäischer Gesinnung. Für den Inhalt verantwortlich: jßudwig Gfub/ner Zeit-Echo Verlag Benteli A.-G., Bümpliz-Bern und Leipzig Druck von CBentef/ Bümpliz