100 FR. W. FÖRSTER: AUS »DIE KRIEGSROMANTIKER HINTER DER FRONT« Über Krieg, Machtpolitik und Nationalismus haben in den Kriegs« monaten manche Vertreter des liberalen und nicht selten auch des positiven Protestantismus Ansichten geäußert, die nach dem Kriege wohl Anlaß zu sehr ernsten Auseinandersetzungen geben werden. Für diese Theologen gilt, was eine unabhängige deutsche Zeitung schon im Jahre 1913 feststellte: »Es ist ein unter dem hypnotischen Bann der Bismarckischen Erfolgspolitik fast allgemein eingetretener Zustand der deutschen Christen, daß ihre Augen dick geworden sind, so daß sie in der Politik die einfache christliche Wahrheit nicht mehr erkennen.« In gewissen kriegstheologischen Schriften ist Christus über® haupt nicht mehr das »Licht der Welt«, sondern nur noch das Licht des Privatlebens/ als das eigentliche Licht der Welt gilt dort Bismarck/ für die großen Weftproßfeme, so meint man, habe er allein die rieh« tigen Gesichtspunkte aufgestellt/ in der Weltpolitik führe daher jede Nachfolge Christi zum Bankerott. In diesem Sinne behauptet Baum« garten (Krieg und Bergpredigt, Berlin 1915), Christus habe nur einen »Ausschnitt unserer sittlichen Verpflichtungen im Auge, nämlich das Verhältnis der Einzelseele zur Einzelseele und zu ihrem Herrgott, an das andere ist schlechterdings nicht gedacht«. So wird die Welt» Politik radikal vom christlichen Leben und Denken getrennt — hier soll die Liebe, dort der nackte Machtkampf herrschen. Sogar ein An* griffsßrieg wird im Interesse der nationalen Machterweiterung als erlaubt hingestellt. Zwei Grundirrtümer stehen hinter dieser Spaltung des Gewissenslebens: Erstens wird vergessen, daß ein brutaler und rücksichtsloser Geist in der äußeren Politik verrohend und zersetzend auf das gesamte Gewissensleben der Nation zurückwirkt, so daß sich jene Spaltung in Wirklichkeit gar nicht aufrechterhalten läßt,- zweitens wird vergessen, daß die realen weltpolitischen Probleme heute so kom»