172 FRANZ KAFKA: EIN TRAUM Josef K. träumte: Es war ein schöner Tag und K. wollte spazieren gehn. Kaum aber hatte er zwei Schritte gemacht, war er schon auf dem Friedhof. Es waren dort sehr künstliche, unpraktisch gewundene Wege, aber er glitt über einen solchen Weg wie auf einem reißenden Wasser in uner* schütterlich schwebender Haltung. Schon von der Ferne faßte er einen frisch aufgeworfenen Grabhügel ins Auge, bei dem er halt machen wollte. Dieser Grabhügel übte faßt eine Verlockung auf ihn aus und er glaubte gar nicht eilig genug hinkommen zu können. Manchmal aber sah er den Grabhügel kaum, er wurde ihm verdeckt durch Fahnen, deren Tücher sich wanden und mit großer Kraft ancinandersdhlugen,- man sah die Fahnenträger nicht, aber es war, als herrsche dort viel Jubel. Während er den Blick noch in die Ferne gerichtet hatte, sah er plötz* lieh den gleichen Grabhügel neben sich am Weg, ja fast schon hinter sich. Er sprang eilig ins Gras. Da der Weg unter seinem abspringen* den Fuß weiter raste, schwankte er und fiel gerade vor dem Grab* hügel ins Knie. Zwei Männer standen hinter dem Grab und hielten zwischen sich einen Grabstein in der Luft/ kaum war K. erschienen, stießen sie den Stein in die Erde und er stand wie festgemauert. So* fort trat aus einem Gebüsch ein dritter Mann hervor, den K. gleich als einen Künstler erkannte. Er war nur mit Hosen und einem schlecht zugeknöpften Hemd bekleidet/ auf dem Kopf hatte er eine Samt* kappe/ in der Hand hielt er einen gewöhnlichen Bleistift, mit dem er schon beim Näherkommen Figuren in der Luft beschrieb. Mit diesem Bleistift setzte er nun oben auf dem Stein an/ der Stein war sehr hoch, er mußte sich gar nicht bücken, wohl aber mußte er sich Vorbeugen, denn der Grabhügel, auf den er nicht treten wollte, trennte ihn von dem Stein. Er stand also auf den Fußspitzen und stützte sich mit der linken Hand auf die Fläche des Steines. Durch