42 M y n o na/Kaffee Nun überlegte sich der goldbraune Messias nicht mehr lange, an wen er sich zu wenden habe, sondern ging stracks und fast so gut wie stehenden Fußes zu Frau Neugedachter, einer vieleckigen und mannigfach erfahrenen Perlendreherin, verstehen Sie? Über Prome naden läßt sich streiten; sie führen zu nichts, und nachher entsteht Zank. Es handelte sich offenbar um Kaffee, der bekanntlich mittler weile sehr knapp geworden war. Elsie Neugedachter, blaues Perlen gehänge (selbst gedreht!) am Ohr, zerkaute eine Mokkakaffeebohne unermüdlich zwischen ihren Mausezähnen, und der Messias — ach ach ach! — atmete lang (wie der Taucher in Schillers Ballade) und atmete tief den aromatischen Hauch ein, der kräftig von ihren Lippen strömte, während sie ihm erklärte: und wenn Sie tausend und ein Mal der Messias und womöglich gar Exzellenz wären — schau’n Sie mich an, lieber Mensch, für mich bleiben Sie Na, unterbrach er sie sehnlich, kaffeedurstig, na was bleib ich denn? — Ein Mann, schrie sie herzzerreißend auf, ein Mann! Der Messias mochte ihr nicht gern unrecht geben; er war noch nicht lange Messias (erst auf dem letzten Kostümball hatten sie ihn dazu ernannt, weil er rote Wangen bekam, trotzdem in seinen Augen das Mitgefühl mit der haute volee thränte, und seine Beine einen schmachtenden Gang an sich hatten). Aus Frau Neugedachter (sie drehte ihre Perlen wirklich selbst; confer den Linsenschleifer Spinoza; auch jeder Hohenzoller lernt außer Mund- noch Handwerk) wurde der Messias nicht schlau. Daß er ein Mann war, stimmte; Beß Brenk behauptete sogar, er habe das mal geträumt. Aber was folgte daraus? Darüber dachte der Messias mit gefurchter Stirn (Sie wissen: so wie Eucken, wenn er über Montaigne redet und zwar von oben herab) langsam nach — sie meint doch nicht etwa . . . .? Und gerade das meinte sie. Aber man soll ihr auch nicht Un recht tun: ihr lag verzweifelt wenig an irgend welchem intim leiblichen Zusammenhang mit dem goldbraunen männlichen Geschöpf. Sie hatte nur mal irgendwo, wahrscheinlich von Friedrich Wolfgang von Goethe- Schiller, dem bekannten deutschen Doppelmenschen vor dem Weimarer Theaterreichstag, gehört, ein guter Mann werde durch ein Wort der Frauen weit geführt. Sie getraute sich, den unheimlichen Kaffeedurst des guten Jungen zu benutzen, um ihn noch weiter zu führen, die Schelmin. Sie hauchte ihm die würzigsten Duftwellen zu; da hing er an ihrem Munde, der die Form eines verrenkten Hufeisens, mit der