Gfossen 929 Nach Europa zurückgekehrt, wandte es sich umso energischer seiner »historischen« nahöstlichen Aufgabe zu. Die allgemeine politische Situation, die es in Europa vor» fand, war schon damals durch den sich immer deutlicher abzeichnenden, grandiosen Gegensatz zwischen England und Deutsch» land beherrscht. In England wußte man, daß dieser Gegensatz einmal ausgefochten werden müßte, und bereitete sich darauf durch die »Einkreisung« vor, deren ein Teil Rußlands »Rückberufung« war. <In Deutschland rüstete man militärisch bis aufs i »Tüpfelchen, politisch träumte man aber noch immer von einer Verständigung mit England, worüber man andere Gelegen» heiten verpaßte.) Rußland, das neben dem nationalen Antagonismus keinerlei Staat» liehen Grund zur Feindschaft gegen Deutsch» land hat, handelspolitisch sogar noch lange Zeit zu ihm im Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit bleiben wird <an guten Ge» schäften liegt beiden Teilen gleichviel), Ruß» land begriff rasch, daß diese allgemeine Befehdung Deutschlands für seine eigenen nahöstlichen Interessen auszunützen sei: indem davon Deutschlands siamesischer Zwilling Oesterreich mitbetroffen werde. <Und natürlich auch umgekehrt.) Sobald die slavischen Kleinstaaten ihren großen Protektor wieder im Rücken spürten, wurde es auf dem Balkan lebendig. Durch Reaktion erwachte auch Oesterreichs Groß» machtidee, die gleichfalls Balkanherrschaff will, wurde aktiv. Serbien, das sich gegen Habsburg zu sträuben anfing, wurde mit dem Zollkampf des »Schweinekrieges« ge» straff <in Wahrheit gefördert). Die jung» türkische Verfassungsreform führte zur Annexion Bosniens und der Herzegowina <die sonst am Ende Abgeordnete nach Konstantinopel gewählt und entsendet hätten), und zur Unabhängigkeitscrklärung Bulgariens, die in Wien als »Junctim« der Annexion vereinbart worden sein soll. Die Konferenz von Buchlau, wo Aehrenthal mit seinen Annexionsabsichten Iswolski ein wenig hinters Licht geführt hatte <ein» ander ergänzende Darstellungen davon gaben Friedjung in der Oesterreichischen Rundschau und H.W. Steed in seinem Buch »The Habsburg Monarchy«), diese Kon» ferenz entzündete die Volksstimmung in Rußland bis zur offenen Feindseligkeit. Der oesterreich=russische Gegensatz belebte sich bis zu den militärischen Drohprojekten der Sandschak»Bahn <der »Marsch nach Salo» niki«) und der Donau-Adria=Bahn. Zuletzt mußte Deutschland mit seinem »freund» schafflichen Ultimatum« Oesterreich in Petersburg beispringen und wurde dadurch auch der »erklärte Feind« Rußlands. Die Konstellation der Mächte war entgültig. Das deutsch»österreichische Bündnis, dessen außerordentliche Innigkeit seine un» erreichbare militärische Stärke ausmacht, erwies sich politisch als gar zu ungelenkig, starr, exklusiv. Der »cauchemar des coa» litions« drückte den Zentralmächten immer schwerer die Brust und war durch einen etwas phantastischen Plan Aehrenthals von einem Drei Kaiser »Bund nicht mehr zu beschwören. Denn Rußland fühlte sich schon zu wohl innerhalb der Entente »Politik. Mochte es auch vorläufig scheinen, daß Rußland nur für die Handelsrivalität Eng» lands und die Revanchewünsche Frankreichs gerüstet stand, Rußland wußte doch, daß eine Zertrümmerung oder Schwächung des Zweibundes auch die Verwirklichung seiner Balkan» und Meerengen»Wünsche bringen müßte, an der England allein es dann nicht mehr verhindern könnte. Die Entente erwies sich als ein geniales System poli» tischer Kombination, das auch noch schein» bar disparateste Interessen einzurahmen