930 Gfossen //////////#////////////////////////////////////AW/////A///A///////////////////////y//A///////////////////////////////A/////////A////////////// vermochte. Die Schwäche dieser politischen Gelenkigkeit, die militärische Uneinheit» lidikeit und Insuffizienz, sollte durch die Nachrüstungen Rußlands behoben wer» den, damit dieses kein zweitesmal vor einem deutschen Ultimatum zurückweichen müßte. In dieser Kräftegruppierung war nur noch die Stellung Italiens zu bestimmen. War sie erst noch zu bestimmen? Nach dem französisch »italienischen Tripolisab» kommen und der dadurch bedingten Neu» formulierung des Dreibundvertrages erklärte Delcasse schon 1902 in öffentlicher Kammer» Sitzung, die Bundespflichten Italiens seien »weder direkt noch indirekt gegen Frank» reich gerichtet«. Und im Jahre 1908 in Rom erklärte dem Fürsten Trubetzkoi der französische Botschafter Barrere: Italien habe endgültig begriffen, daß die Entente» Politik auch ihm angepaßt sei. Italiens Großmachtidee zielt auf Vorherrschaft im Mittelmeer und in der Adria. Seine Mittel» meerwünsche bleiben gegen England und Frankreich, mit wessen Unterstützung immer, unerfüllbar. Im Adriakampf jedoch glaubte es, mit England und der Entente, Gewinnaussichten zu haben. Es legte also seine Politik in der Adria fest, womit es der Gesinnung nach bereits zur Entente gehörte. Formal aber, hieß es da, bliebe es mit Wissen und Wollen der Ententemächte bis zum Ernstfall im Dreibund, weil dadurch eine erwünschte Verschleierung der wirk» liehen Konstellation erzielt würde, und weil es dort — keine vorzeitigen unbequemen Ersatzforderungen an die Entente erheben könnte! (Dieses Geständnis war schon 1911 russisch und 1913 deutsch gedruckt zu lesen. Und wir sind noch 1915 ins mundoffene Staunen geraten?! Österreich hatte schon länger den richtigen Instinkt, in Italien nicht sosehr den Verbündeten, als den natürlichen Kriegsgegner sehen zu wollen.) Rußland revidierte daraufhin schnell und geschickt seine Haltung gegen Italien, das es bis dahin als quantite negligeable be» trachtet hatte. Es besteht heute zweifellos ein Sonderabkommen zwischen Rußland und Italien, worin Rußland die italienischen Adriawünsche anerkennt, wofür Italien den Balkan als Domäne Rußlands respektieren wird. Die russischen Schützlinge Serbien und Montenegro hat Italien ebenso zweifei» los mit Hafenzugeständnissen abgefunden. Tatsächlich hat es schon auf den Konfe» renzen nach den Balkankriegen immer die serbischen Küstenwünsche (gegen öster» reich) unterstützt. Die Aufstellung war beendet, der Tanz konnte beginnen. * Betrachtet man die Dinge abschließend: Rußland als Großmacht fühlt sich in Asien gesättigt, wird aber bis zum letzten Atemzug die Lösung der europäischen Orientfrage in ihrem »heiligen und histo» rischen Sinne« anstreben. Diese Aufgabe, vom genialen Pathos eines Dostojewski und anderer beherrschender Geister Ruß» lands unermüdlich paraphrasiert, ist heute die wirkliche Nationalidee des Russentums. Solange Rußland Großrußland ist, wird es diesen Gedanken denken, der aus seinem Schädel nur schwinden könnte, wenn der Schädel eingeschlagen würde. Vor dieser Exekution aber müßte man erst billigerweise Gericht halten, ob Rußlands Wunsch ein verbrecherischer, oder ein national, kulturell und wirtschaftlich berechtigter sei. Zudem: auf dem Berliner Kongreß hatte es in diesem Punkt noch ganz Europa gegen sich, heute hat es »zwar neue Gegner, aber auch neue Freunde«. Sollte es aber möglich sein, eine Lösung