16 Scftaff und TZaucft Von Friedrich Hollaender „Das neue Chanson“ Ein Feriensommer ist vorüber. Ferien - - — - , das sind im Leben eines i ^ Perioden, die dazu benutzt werden, den Staub des vergangenen Menschen Wi und Inventur zu machen. Ergebnis: D as Chanson drohte, in einer Form zu versteinen und zu ver krusten, die der Begriff ,,Kunst“ nicht mehr decken wollte. — Gab e Menschen mehr, denen es nunmehr ein Bedürfnis nicht wurde, ein Experiment zu wagen, so stand die Verödung des Cabarets vor der Tür. Es galt, die Form zu sprengen! Nicht, daß Gewalt und Sucht nach Neuem der bedrängten (Das war garnicht Muse nötig und wäre auch nicht fruchtbar gewesen.) Nein: die Explosion war da! Halt! SMUS Das Publikum soll nicht länger nur amüsiert werden. Es soll denken und, wenn es das nicht will, soll es vom Rhythmus umgerissen werden! Das neue Chanson ist eine Sache der Suggestion, ist die Be zwingung der Masse. Es gibt nur einen Namen dafür, einen leben spendenden Begriff: „Berliner Tempo“ (wobei wir uns klar sind, daß das Berliner Tempo hier in einer übersteigerten, idea listischen, gleichsam durch die zweite Instanz des aufnahmewilligen Gehirns gegangenen Form zum Ausdruck gebracht wird. Rhythmus Wortkraft Potenz wirksam!) O, es wird schwer sein, dieses rapidissimo zu verwirklichen, so zart Gedachtes, mildhämmernd Gehörtes in tonhafte Körperlichkeit umzusetzen. Aber wenn es gelingt ..... dann marschieren die Kolonnen, dann brüllen die unter irdischen Geräu sche der Welt stadt. knattern die in Automobile, einem Strudel im Bogenlicht und Wolkenkratz schatten. Dann ist das neue Chan son da. Wer Ohren hat, zu hören soll erschossen werden.