156 es ausgerechnet, mein Mann und ich, daß mit den illustrierten Ausgaben und der kleinen Bibliothek zu sammen der letzte Roman in der Höhe von fünfund* dreißigtausend Exemplaren gedruckt worden ist.« »Und wir,« hob Madame Z. den Handschuh auf, »wir haben für unser nächstes Buch eine Auflage von fünfzigtausend vertragsmäßig zugesichert, die Luxus* ausgaben nicht mit eingerechnet.« V.: Aber es waren doch wohl nicht nur solche Leute mit Riesenauflagen und großtuenden Fragen dort. Edmond de Goncourt z. B C.: Der hatte nichts Bourgeoishaftes, das ist wahr, aber der schnitt ein andächtig staunendes Gesicht, wenn er diese Ziffern hörte. V.: Lieben Sie die Goncoouts? C.: Die »Manette Salomon« habe ich sehr gern gehabt, aber ich habe nichts Derartiges mehr gelesen, seitdem die Witwe, wie der andere <d. i. Barbey d'Aureville, Anm. Vollards) sagt, sich allein ans Schreiben gemacht hat. — So ging ich denn von selten zu Zola, denn es tat mir weh, zu sehen, daß er so einer geworden ist,- da sagte mir eines Tages der Diener, daß sein Herr für niemanden zu sprechen wäre. Ich glaube nicht, daß die Weisung gerade gegen mich gerichtet war, aber ich schob meine Besuche noch mehr hinaus. Und dann ließ Zola sein »L'oeuvre« erscheinen Cezanne hielt einen Augenblick inne, überwältigt von der Vergangenheit. Dann sprach er weiter. »Man kann ja nicht fordern, daß ein Mensch, der es nicht versteht, Vernünftiges von der Malerei spreche,- aber in aller Herrgotts Namen« — und Cezanne hämmerte wie besessen auf den Tisch — »wie traut er sich zu sagen, daß ein Maler sich töte, weil er ein schlechtes Bild gemalt hat. Wenn ein Bild nicht gek lungen ist, dann schmeißt man's ins Feuer und fängt ein anderes an!« Während er sprach, ging Cezanne im Atelier wie ein Tier im Käfig auf und ab. Plötzlich blieb er stehen, ergriff ein Selbstbildnis, das er vom Rahmen genommen hatte, um die Leinwand zu vergrößern, und wollte es zerreißen,- doch da seine Finger zitterten und er sein Palettenmesser nicht bei der Hand hatte, rollte er die Leinwand zusammen und zerbrach sie auf dem Knie und warf sie in den Ofen. V.: Aber wie das, Zola sprach vor mir ja so lang, so begeistert, so bewundernd von Ihnen. Die Vernichtung des Gemäldes hatte Cezanne be ruhigt. In den Augen, die mich anblickten, war kein Zorn mehr, nur eine tiefe Trauer. Hören Sie mal, Herr Vollard, ich muß Ihnen was sagen. Ich hatte aufgehört mit Zola zu verkehren, aber ich konnte den Gedanken nicht fassen, daß er gar keine Freundschaft mehr für mich übrig hätte. Als ich nach der Bailustrade verzog, neben Zola's Haus, hatten wir uns schon lange nicht gesehen, aber da ich so nahe wohnte, hoffte ich, daß der Zufall uns zusammenführen und er zu mir kommen würde .... Später, als ich mich in Aix aufhielt, erfuhr ich ein* mal, daß Zola eben dort eingetroffen war. Ich konnte mir denken, daß er sich nicht trauen würde, mich zu besuchen, dies war ja selbstverständlich: aber wozu noch an Vergangenes denken? Begreifen Sie das, Herr Vollard? Mein lieber Zola war in Aix. Ich hatte alles vergessen, L'oeuvre und manches andere wie auch das verdammte Dienstmädchen, das mich schief anblickte, während ich meine Stiefel an der Strohmatte abwischte, bevor ich Zolas Salon betrat. Ich war eben draußen in der Landschaft, ich hatte eine Skizze, die sich nicht übel machte, aber ich pfiff auf meine Skizze: Zola war in Aix! Ohne mir Zeit zu nehmen, wenigstens meine Sachen zusammenzutun' renne ich ins Hotel, wo Zola abgestiegen war. Aber ein Kamerad, den ich unterwegs zufällig treffe, be* richtet mir, daß jemand den Abend zuvor in seiner Anwesenheit zu Zola sagte: »Sie gehen wohl auf einen Löffel Suppe zu Cezanne?« und Zola darauf antwortete: »Wozu noch diesen Verkrachten wieder* sehen?« Da kehrte ich zu meiner Landschaft zurück. Cezannes Augen waren voll von Tränen. Er schneuzte sich stürmisch, um seine Rührung zu ver* bergen und sagte: »Sehen Sie, Herr Vollard, Zola war kein schlechter Mensch, er lebte nur unter dem Einfluß der Ereig* nisse.« Goldene Worte: Henny Porten über die Neue Kunst. »Die Malerei von heute, die moderne, liebt krasse Farben und verzerrt das Schöne ins Groteske. Im Film ist das nicht zu gebrauchen. Entweder man vertritt hier das Schöne, Edle oder aber man vertritt das Häßliche. Aber gegen das Häßliche sträubt sich das Auge des Publikums, sträubt sich das Auge dessen, der das Schöne, der die Kunst liebt. Ein Maler sagte mir einmal, daß das Häßliche schön sein könnte. Das ist paradox ausgedrückt. Gewiß kann das Häßliche künstlerische Reize haben, aber diese Reize hat es nur für einen Menschen, dessen