169 Kunsthändlern, die sich der Aufgabe der Vertretung der lebenden Künstler widmeten. Wir haben heute in Deutsch» land hunderte von Stätten, an denen die Kunst der Leben« den gezeigt wird. — Diese Kunstausstellungen werden entweder von Kunstvereinen geleitet oder von Kunst« händlern. Welche Bedeutung diese Institutionen haben, brauchen wir wohl hier nicht auseinander zu setzen. Die Eintrittsgelder, die vom Publikum erhoben werden, sind minimal. Für viele Kategorien, wie Studenten, Kunstakademiker, Arbeiter u. dergl. existiert entweder die Erlaubnis des freien Eintritts oder außerordentliche Ermäßigung. Ein ungeheuer großer Teil des deutschen Volkes war dadurch im Stande, sich mit der lebenden Produktion bekannt zu machen <der Besucher einer solchen Kunstausstellung ist nicht beengt durch die Idee, daß er kaufen muß. Er tritt nicht als Käufer in einen Laden, in dem der Verkäufer auf ihn zugeht und ihn am ruhigen und unbeeinflußten Betrachten der Kunstwerke hindert. Er geht in eine solche Ausstellung wie in einen Vortrag.) Die Kunstvereine und die Kunsthändler, die diese Kunst« ausstellungen veranstalteten, haben stets ein so geringes Eintrittsgeld erhoben, daß sie nicht etwa davon ihren Be« trieb erhalten konnten. Sie lebten in Wirklichkeit davon, daß sie den Verkauf von Kunstwerken vermittelten und dafür eine Gebühr bezogen. Wenn diese Kunstausstel» lungen nicht existierten, so wäre die ganze ungeheure Masse des deutschen Volkes, die nicht imstande ist, Kunst« werke zu erwerben, von dem Genuß der lebenden Kunst und von ihrer Kenntnis völlig ausgeschlossen. Die einzige Kenntnis, die sie von den lebenden Künstlern haben könnte, müßte sie in den Museen erwerben. Es liegt aber im Wesen der Museen begründet, daß sie nur einen ganz kleinen Teil der lebendigen Produktion aufnehmen, niemals jedoch die heutige Kunst in ihrem ganzen Umfang zeigen können. Der ganze Kreis der Studierenden, der Gelehrten, der Arbeiter wäre ausgeschlossen von der Beteiligung am Kunstleben. Schon in letzter Zeit hatte sich ein bedenklicher Partiku« larismus im Ausstellungswesen bemerkbar gemacht, ent« schuldbar durch die ständig steigenden Schwierigkeiten und Kosten der Transporte, aber darum nicht minder un erfreulich. Jetzt nach der Neubestimmung wird niemand mehr den in wirtschaftlicher Hinsicht gänzlich zwecklos gewordenen Transport auf sich nehmen mögen, in Berlin werden nur noch Berliner Künstler, in München Münchener, in Düsseldorf und Köln Rheinländer zu sehen sein,- als Folge erscheint ein Züchten von Lokalgrößen, ein völliges Ausschalten der wertvollen künstlerischen Befruchtung des Nordens durch den Süden und Westen und umgekehrt. Von dem Schaden, der den kleinen Provinzialstädten er« wächst, die sich nach Kräften um künstlerische Anregung bemühen, die aber keine »eigenen Künstler« besitzen und auf Import angewiesen sind, ganz zu schweigen. Nach unserer Ansicht hätte der Gesetzgeber aus all diesen Gründen die Pflicht, die Kunstausstellungen in jeder Weise zu fördern. Er hätte die Pflicht, darauf hinzuweisen, daß nicht das Kunstwerk direkt vom Atelier in den Privat« raum des reichen Mannes verschwindet, sondern daß es durch die Kunstausstellungen geht, damit nicht ein Kunst« monopol für die Besitzenden geschaffen wird. Leider ist die Entwicklung der letzten Jahre diesen un= fruchtbaren Weg gegangen. Es war früher selbstverständlich, daß der Kunsthändler die Bilder, die ihm vom Künstler anvertraut waren und die er selbst verkauft hatte, in Ausstellungen zur allge« meinen Kenntnis des Publikums brachte. Die Erfahrung lehrte aber sehr bald, daß Bilder, die einen hohen Preis haben, sich in öffentlichen Ausstellungen schlecht verkaufen. Infolgedessen entwickelte-sich neben diesem Kunsthandel, der die moralische und ideelle Pflicht auf sich nahm, Ver« mittler zwischen der ganzen Welt der Kunstliebhaber — ob sie kaufen oder nicht kaufen — zu sein, eine andere Art von Kunsthandel. Wir haben schon vor dem Kriege erlebt, daß neben den großen Kunsthändlern, die sich ihrer ideellen Pflichten stets bewußt blieben, Kunsthändler entstanden, die prin« zipiell niemals ein Bild dem öffentlichen Anblick preis« gaben, sondern die von ihnen erworbenen Bilder in schwer zugänglichen Räumen versteckten, zu denen nur der rechte Kunde Zutritt hatte. Wir haben erlebt, daß gerade diese Kunsthändler größere Geschäfte machten, als diejenigen, die Ausstellungen veranstalteten, abgesehen davon, daß die Mühe und dieVerantwortung eines Kunstausstellungs« leiters die Vielfache ist. Es kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein, daß diese Entwicklung weiter fort» schreitet. Denn sie führt dazu, daß gerade die besten und bedeutensten Werke niemals ans Licht der Öffentlichkeit treten, sondern von einem Privatzimmer ins andere wandern, von wenigen gesehen und um ihre Wirkung gebracht. Jetzt kommt die Neuforderung des Luxussteuer=Gesetzes und macht die Veranstaltung von Ausstellungen unmög« lieh,- denn die Konsequenz dieses Gesetzes ist folgende: Veranstaltet ein Künstler bei einem Kunsthändler oder einem Kunstverein eine Ausstellung, so wird der Käufer sich sagen: wenn ich in dieser Kunstausstellung kaufe, so kaufe ich um 15% teurer, als wenn ich im Atelier selbst kaufe. Infolgedessen wird der Anreiz, in einer Kunst« ausstellung zu kaufen, vernichtet. Entweder wird der Käufer überhaupt nicht kaufen oder er wird sich nach der Ausstellung zu dem Künstler begeben und dort im Atelier kaufen, oder er wird die Umgehung versuchen und dies wird der häufigste Fall sein. Kauft er gar nicht oder kauft er erst nach Schluß der Ausstellung beim Künstler direkt, so ist die Veranstaltung der Ausstellung damit zwecklos geworden. Wie gesagt: der häufige Fall wird die Um« gehung sein. Der Käufer wird sich das Bild reservieren lassen, wird den notwendigen Besuch im Atelier des Künstlers machen und die Bezahlung erfolgt direkt an ihn,- der Künstler zahlt seine Ausstellungsprovision nachher an den Ausstellungsleiter. Dieses System bedeutet eine Degradation des Künstlers und des Käufers und des Kunst« ausstellungs»Leiters. Der ehrliche Kunsthändler wird diese