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JUNI
PROSPEKT
zur Kleinen Grosz Mappe.
Prospekt zur Kleinen Grosz Mappe.
34, Steglitzer Strasse, Südende.
Friedrich Adler ist zum Tode verurteilt, Stockholm-Getöne gegen internationale Teuerung
Lebensmittel bleiben in Cornerstimmung.
uropean Dominions niemand! Verhungert doch
Pseudoliberia
buch ist erschienen. Frühlingswende fiebert Sexualität, Meufiebö..
sind so wund. Amokläufer
das Leben weiterhin billiger
Nach Reuter verhungern in Ovamboland die Ovambos, keine Kaffern
igerungü Spinoza ist eingestampft für Bedarf diplomatischer Sendschreiben
Moliere verrieselt in Sternheim (Zukunft vom 26. 5. 1917), Umfassungsmanöver gegen Wallner in Wien, Durst!
Sich hinzu-schmeissen! Lichtmord!! —
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Liberia
das Aktions
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unsere Seelen
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Die Messer raus !!!
das Ich triumphierend über Puntas
Arenas, Michigan See, Sachalin bis
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Sorau.
Dort wurde der Dichter
eventuell den Kopf
zwischen die Beine stecken oder durchs Faß springen —
und spiralig in die Luft schnellen l sieh, ein Paragraph
rempelt Dich an,
eine Affiche,
ein Flohzirkus . . .
Die Sekte Neunzehn Siebzehn wächst
aus dem Intellekt der umstehenden
Zuhörer empor und zwingt ihre Mit-
glieder gegen den Block der Über-
zeugten. Die ohnmächtige Wut un-
serer Leser verpflichtet, einen bereits
.6
in Schwingung umgesetzten Glauben
wieder zu fixieren, um mit den Gläu-
bigen von neuem dagegen loszu-
gehen. Die Leute wollen halt nichts
alleine tun.
Sekten. Mehr Sekten. Noch mehr
Sekten.
Das Wunder der Christian Science
ist über unseren kürzlich veranstal-
Ja, Kautschukmann sein
Heinrich Steinhausen geboren, steht
in der Zeitung.
Halt dich, Junge.
Die Frist ist um.
Her die neue
Ladung.
Sektierer, los!
Wieviel
(sämtliche Flöhe lie-
gen an Schlingen —
desertieren ausgeschlos-
Springen von
Flöhen auf Kommando,
Parademarsch der Flöhe
zappeln schon wieder?
Die Arbeit Arbeit Arbeit Arbeit:
sen
Triumph der Christian Science.
Das Wunder der Sekte Neunzehn
)
Siebzehn.
Immerhin wichtig
ist, das Gleichge-
wichtzu behalten!
Wo vordem die go-
tische Kirche,
messelt sich heute
das Warenhaus hoch —
— Die Fahrstühle sausen . . . Eisenbahnunglücks,
cxpiosionsKatastropnen ...
— quer durchrast der Balkanzug Mitteleuropa,
doch gibts auch Baumblüte und Edelmarmeladen-
rationierung ....
Wie gesagt, Kautschukmann sein
beweglich in allen Knochen
nicht blos im Dichter-Sessel dösen
oder vor der Staffelei schön getönte Bildchen pinseln.
1917.
SCHREIT!I
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toten Wert ÄbüP.d
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schüttet Glück aus über diejenigen
die uns lieben, um uns hinterrücks
zu erdolchen.
Darum muss Einer seine Stimme
erheben: Nicht mehr glauben, über-
haupt nicht glauben. Sich selbst.
(Sich und selbst) Beten.
Wenngleich jeder schuldig ist an
der Unfähigkeit der andern, Feind zu
sein, sondern schlotternder Neid-
hammel, soll keiner an dieser
Schuld sich selbst beruhigt genug
sein lassen. Nicht das Peinlichen
dieserSchuld schmatzendzufressen
soll es ankommen, sondern Genuss!
auch noch auszukotzen — und wie-J
derum zu fressen und wiederum! |
Es ist in jeder Sekunde, die eins
hundertmalverfluchtesLeben schenk®,
(unsägliche Wonne durstend das
galizischePetroleumgebiet zu durch-
fahren, die Gestänge der Bohrtürme
verrusst!) so unendlich vieles zu tun.
5
Zu den reinsten unverbildeten Erklärungen und Dokumenten
unseres Lebens gehören jene Bilder auf den Rückfronten der
Häuser, diese Erlasse des Kaufmanns (des wahren Herrn dieser
Zeit)
von unerhörter Sachlichkeit vorgetragen, gigantisch ein-
geätzt wie auf alten Pyramiden, pressen sie das psychologische
und formale Erleben des in knallendem Stadtbahnzug Dahin-
rollenden. Fabelhaft bunt und klar, wie nie ein Tafelbildchen,
kosmischer Komik, brutal, materiell, bleichsüchtig, ver-
von
Den Bequemen gilts zu stören
beim Verdauungsschläfchen
ihm den pazifistischen Popo zu kitzeln,
rumort! explodiert! zerplatzt!
ans Fensterkreuz.................
waschen
drohend und mahnend gleich Ragtimestepptanzme-
lodie immer wieder sich ins Gehirn bohrend
Das gröhlt in einem fort!
Zwingt uns zum prallenden Marineblau, zu Grellrots (ganze
oder hängt euch
Straßen^ Buchstaben), Variet^grün, Spezialitätengelb, Wollwaren-
graus, und fistelndes Rosa
Laßt euren Kadaver in die Branntweingasse baumeln!
Wieder elastisch werden, nach allen Seiten
sich verbiegen
Moziationen tauchen auf......
Ja!
Champagner-Flasche
der Korken knallt davon, hol ho!
Sekt Schloss Vaux.
höchst federnd
anboxen! Kinn-
oder Herzgrubenhieb!
Ich, Dannemann-Zigarre schief im Maul, Zeitung
vor mir
knerzen die Knattermotore
hart überholt nach Backbord der
rote Autobus!
Ho! ho! schon wieder brüllen die Häuserwände:
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Regie-Zigaretten, Satrap, PüIasf»ßofel, Teppich-
Thomas, bade zu Hause, Steiners Paradies11*
jeder bat Zutritt!
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Nur nähertreten !! . . . nur nähertreten!! . . .
Schon beulen sie den Weihrauchkessel ein.
Nervös rutscht das weiche Gesäß hin und herl
• . . Sarg s Kafocfont . . . .
. . . ho! . .
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^paffage*Cafe
. . . . Ceresit.
vom Training kommend, am Punching Ball .... Den
• )oe hiebst Du nieder.
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lz. Ä., Du segeltest fabelhaft in die Chausseen, eben noch flog
Ja! Wenn nicht sämtliche Flöhe an Schlingen
Dir der Fußball an die klemmerlose Nase, Du hingst oben
lägen!
im Aeroplan unter der Bergsonne
zwischen den Stämmen
knallte Deine Winchesterbüchse (Gott ließ ja Eisen wachsen,
bravo)
Abends in deu Asphaltbrüchen, in Geldsack-Hills, zwischen
in Zoo-
Dieses Bloli ist der
unseren Gebeten ZU diesem Ende. Porter-Bierplakaten, oder an der Bar bei Kantorowicz
quellen oder pikfein mit steifem Hemd aalglatt bei Adlon, strö-
mendes Pils Coctails Ersatz und Agoston, Apollo-
und dem Treiben
Damit ihr endlich in die Schlinge
kommt. Es ist ein so ungleiches
Spiel mit diesen Sanften, Zappeln-
den. Der Magen der Neunzehn Sieb-
zehn will das alles nicht mehr ver-
dauen, immer wieder dasselbe, die
Ohnmacht der Gläubigen, der Block
der Ueberzeugten, das Einfangen
Verarbeiten. Auskotzen. Fressen
tlieater und Kinohäuser ,
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der beiden Herzfelderl .
Sag mal?
graults Dir da nicht in den
Kunstsalons? in den
Wir — aha! — wir treten gegen
die Menschen nicht auf. Wir treten
geduldig noch mit den Menschen
auf. Die Sekte Neunzehn Siebzehn
schlägt gegeneinander, Sturmflut
aus unseren Gebeten, die aus der
Ohnmacht der Gläubigen emporge-
wachsen sind. Unsere Mitglieder
verrecken, weil die Sekte sie nicht
mehr locker lässt. Betet aus
Ölgemäldegalerien
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in den literarische Soireen
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Lieber Leser! Ein guter Fußballspieler enthält immerhin
eine ganze Menge Wert
Töne setzt!
Bleibt die Frage?
Kennst Du Schiller und Goethe
Aber kannst Du radfahren?
obwohl er nicht dichtet, malt und
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Weitere Marsyas-Interessenten wollen sich noch melden!
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Ein Stück aus dem Roman „Ehrlich zu sich selbst“ von W. Winnit-
schenk o. Hier veröffentlicht, weil der Roman dieses Kleinrussen, der
aus dem Arbeiters ande hervorgegangen ist, bei aller grob aufgetragenen
Sentimentalität, trotz aller Verzerrungen in der gemeinschaftspsychologischen
Einstellung und der übertriebenen Wertbeimessung soziale! Probleme (wie
eben nur der Sozialist denken kann) eine über literarischer Tasten hinaus-
gehende Kraft zum Erleben des Einzelnen kundtun möchte. Mag sie viel-
fach irrig, weil unerheblich sein, wie in folgendem nur auszugsweise wieder-
gegebenen Kapitel, so ist dieser Glaube zum Menschen restlos und über
die Auflösung aller Konflikte hinausgehend. Und mehr wie etwas, das ge-
rade noch Für-uns-Richtiges vielleict wesentlicher wiedergibt.
Der Gatte hielt im Sprechen inne und warf Dara flüchtige
Blicke zu. Dann bat er sie plötzlich leise, diese Nacht bei ihr
bleiben zu dürfen, wobei er gleichsam schuldbewußt errötete und
verwirrt vor ihr stehen blieb. Dara sah erstaunt zu ihm auf.
VIII
VORTRAG
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Dara errötete, erhob sich spöttisch lächelnd und führte Ssergei,
ihn umarmend, aus dem Zimmer.
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Die Tür öffnete sich langsam und ein kleiner Herr schob sich
mit kurzen weichen Schrittchen durch den Spalt ins Zimmer. Als
sich die Tür, durch die der Glatzkopf und das weiße Vorhemd
des Kellners sichtbar wurden, schloß, begann sich der Herr
seitwärts und die Hände reibend, als wüsche er sie über der Wasch-
schüssel, zu Dara hinzuschleichen. Die Haare auf der Stirn waren
sorgfältig gescheitelt, an seinem Kinn hing ein dichtes, wie aus
schwarzer Watte gemachtes Bärtchen, die Augen waren groß und
vorstehend und mit lauernder, lüsterner Neugierde auf sie gerichtet.
Daras Blicke überflogen rasch seine Gestalt, ihre Augen ver-
engten sich kühl: sie wartete.
Guten Tag . . .“ sagte er überraschend weich, mit süßlich
zärtliche Stimme.
Guten Tag“, antwortete Dara.
Der Herr schlich sich noch näher an sie heran und musterte
sie mit einer immer größer werdenden Gier. In den vorstehenden
Augen zeigte sich jetzt eine durchaus nicht heuchlerische Be-
wunderung.
Sie sind erst kurze Zeit hier?
‘Geh, geh ... Du mußt jetzt schlafen. Mach, daß du
fortkommst.
Das wäre unhygienisch . .
Und sie lachte sogar,
mit einem trockenen, scharfen Lachen.
Ssergei protestierte nicht weiter, murmelte etwas vor sich hin und
lachte ebenfalls gezwungen. Aus seinem Benehmen fühlte man
etwas wie Dankbarkeit, wie Schuldbewußtsein und etwas Unruhig-
verzehrendes, Ungelöstes. An der Schwelle blieb er nochmals
stehen und wollte ihr in die Augen sehen, aber sie stieß
ihn mit
weicher Entschlossenheit hinaus und schloß die Tür.
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Daras Blick überflog noch einmal seine ganze Gestalt, dann
wandte sie sich plötzlich zur Tür. Der Herr wollte ihr galant
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DIE PSYCHOLOGIE
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SÄgefallen mir nicht.
Blutwelle schoß dem Herrn ins Gesicht, er warf den
Kopf in den Nacken.
Wie Sie wünschen . . .“ sagte er würdevoll und fügte
spöttisch lächelnd hinzu: „Nur sind Sie auch nicht ganz so sehr ...
Weil wir doch auch . . . uns mit Dämchen auskennen, so zu
sagen . . . He! . . .
Gehen Sie von selbst fort, oder soll ich den Kellner rufen?“
Dara blieb an der Glocke stehen.
Mit komisch verletzter Würde seinen Kopf schüttelnd, wandte
sich der Herr zur Tür.
Ganz wie Sie belieben . . .“ warf er verächtlich, aber mit
leichter Drohung hin. Die Klinke in der Hand, fügte er hinzu:
Ja-a . . . sehr tugendhaft . . . Mein Kompliment.
Und die Tür schloß sich hinter ihm.
Dara mußte unwillkürlich lachen und läutete nach dem
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In der nächsten Minute stand er vor ihr.
Hören Sie, mein Lieber,“ wandte sie sich streng an ihn. „Sie
hätten es doch selbst begreifen können, daß ich Greise und Affen
nicht brauchen kann. Der Mann muß jung und hübsch sein.
Verstehen Sie?
Der Kellner verbeugte sich ehrfurchtsvoll.
Vielleicht befehlen Sie einen Studenten?“ Er neigte den Kopf
treuherzig-schmeichlerisch zur Seite. „Ein Student wohnt hier
bei uns, ein ganz junger und sehr . . . passender. Ich hatte gleich
an ihn gedacht, er war aber nicht zu Hause. Eben ist er vom
Spaziergang zurückgekommen. Er geht jeden Tag spazieren.
Gut. Führen Sie ihn her.“
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Gegen zwei Uhr nachts war sie noch immer auf. Ungestüm,
mit düster zusammengezogenen Augenbrauen und mit auf der
Brust verschränkten Armen ging sie auf und ab, setzte sich zu-
weilen auf den Diwan, schloß die Augen und warf den Kopf auf
die Lehne zurück. Dann zeigte sich auf ihrem, vom Lampenlicht
voll erhellten Gesicht brennende Röte auf den unteren Teilen der
Wangen und das bebende Eigenleben der erregten Nasenflügel.
Und wieder sprang sie auf und ging ruhelos im Zimmer auf und ab.
Auch im Bett konnte sie sich nicht beruhigen, wälzte sich
seufzend, hüllte sich bis oben zu und schlug die Decke wieder
zurück.
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Der Kellner drehte sich um und glitt geräuschlos aus dem
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Dara preßte ihre Hände auf das brennende Gesicht und wurde
nachdenklich. Seufzend warf sie einen kurzen Blick auf ihren Hut,
heftete ihn eine Weile unentschlossen auf die blitzende Hutnadel
und begann hartnäckig den Kopf schüttelnd und wieder mit ver-
Jß
schränkten Armen auf und ab zu gehen; sie warf ungeduldige
Blicke zur Tür.
Man klopfte jetzt ebenso leise und vorsichtig wie vorhin.
Herein!
MÜNCHEN
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Am Morgen waren ihre Augen mit einem dunklen Müdigkeits-
streifen umrändert, aber im Gesicht lag der Ausdruck einer sonder-
bar spöttischen, erregten Entschlossenheit.
Oft blickte sie beim Mittagessen über die Gesichter der anderen
und lächelte heimlich in sich hinein, um dieses Lächeln sofort
wieder zu verstecken. Und etwas Feindseliges folgte diesem
Lächeln aufblitzend in ihren Augen, etwas Feindseliges und Un-
erschütterliches.
Abends zog sie sich ohne jemand ein Wort zu sagen um,
zählte das Geld in ihrer Börse und verließ das Haus. Sie lächelte
ebenso wie beim Mittagessen, während sie auf der Straße ging.
Sie schlug eine vorher offenbar überlegte Richtung ein, obzwar
sie sich öfters umsah und die Häuser aufmerksam betrachtete.
In einer kleineren Straße angelangt, wurde ihr Schritt sicherer.
An der nächsten Kreuzung blieb sie stehen. Zwei Schritte weiter
war der Eingang zu einem Hotel. Ueber der Tür brannte eine
große Laterne, auf deren Scheiben die Aufschrift zu lesen war
Imperial“; vor der offenen Tür schlummerte friedlich ein livrierter
Portier mit einer betreßten Mütze.
Dara trat entschlossen zu ihm und fragte laut:
Haben Sie freie Zimmer?“
Der Portier warf den Kopf hoch, besann sich einen Augen-
blick schlaftrunken, riß dann die Mütze vom Kopf und antwortete
eifrig und mit vielen Verbeugungen:
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DAS AKTIONSBUCH
Der Kellner musterte sie mit kurzen Blicken und schien noch
immer nichts zu verstehen.
Dara stand stolz und unnahbar vor ihm und runzelte unge-
duldig die Brauen.
Nun, was stehen Sie? Können Sie das?
Ganz wie Sie befehlen . . . Nur . . . Wünschen Sie das
Preis 3 Mark
Verlag der Aktion
Berlin-Wilmersdorf
Der Portier drückte auf einen Knopf, oben schellte laut eine
Glocke, und gleich darauf hörte man weiche, über den Läufer
laufende Schritte. Auf dem Treppenabsatz zeigte sich ein Kellner.
Darf ich Sie bitten,
verbeugte sich der Portier.
Dara stieg langsam und gelassen die wenigen Stufen und
folgte dem Kellner an einer langen Reihe von Türen vorbei. Der
Mann hatte eine Glatze, die bis zum Halse hinabreichte, ein kleines,
spitziges Gesicht, mit versteckten, klugen und durchdringenden
Aeuglein darin.
Er stieß eine der Türen auf, zündete die Kerze an und hielt
sie in der erhobenen Hand. Das Zimmer war groß, sauber und
sogar behaglich.
Gut. Ich nehme es“, sagte Dara.
Soll das Gepäck vom Bahnhof abgeholt werden?
Nein. Ich bin ohne Gepäck.
Ist eine Teemaschine gefällig?“
Nein. Ich brauche nichts. Stellen Sie die Kerze auf den
Tisch und warten Sie.
Dara nahm vor dem Spiegel stehend den Hut ab, steckte die
Nadeln langsam in seinen Filz, legte ihn auf den Tisch, drehte
sich zu dem ehrerbietig wartenden Kellner um, und sagte ruhig
und befehlend:
Besorgen Sie mir einen Herrn und führen Sie ihn zu mir
ins Zimmer.
Des Kellners Augen wurden größer.
Sie wünschen? . .“ fragte er behutsam, als fürchte er sie
nicht recht verstanden zu haben.
Ich wünsche von Ihnen, daß Sie mir einen Herrn herauf-
bringen. Sie führen doch den Män'nern, die bei Ihnen wohnen,
Mädchen zu. Nun, und ich verlange von Ihnen, daß Sie mir
einen Herrn zuführen. Ich werde Sie und ihn bezahlen.
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man wird Ihnen oben zeigen . . .
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sofort . . .
Ja, sofort.
Dem Kellner schien ein Licht aufzugehen.
Zu Befehl . . . Wie darf ich Sie anmelden?“
Anna Iwanowna Iwanenko.
Und der Paß? . .
Dara sah ihn auffahrend an.
Verfügen Sie sich gefälligst hinaus: Sie sind mir zu gesprächig.
Gehen Sie und schicken Sie mir einen anderen.
Ich bitt’ um Verzeihung ... Ich meinte nur ... Da wir
jeden anmelden müssen . . .
Es ist gut. Gehen Sie, und tun Sie, wie ich Ihnen gesagt
ii
Die Tür öffnete sich unsicher, und auf der Schwelle erschien
eine schmächtige, leicht gebeugte Gestalt in einem Studentenkittel.
Ein junges, verwirrtes Gesicht und schüchterne Augen sahen zu
Dara auf.
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Verzeihung ... Ich glaubte . . . Darf man eintreten?
Er war sehr verlegen, aber sein Blick wich keinen Augenblick
von Dara. Die Tür hinter ihm schloß jemand, der im Korridor
gewartet haben mußte.
Sie dürfen. Kommen Sie nur herein,“ sagte Dara in einem
befehlenden Ton.
Der Student trat einige Schritte näher, blieb stehen und
lächelte, wie es Kinder zu tun pflegen, gleichsam schuldbewußt.
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Zu Befehl . . .
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Der Kellner wich rückwärts zur Tür und verschwand. Er
mochte das*Gefühl gehabt haben, daß die Welt nahe dem Unter-
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gang sei.
Dara nahm den Mantel ab, hing ihn auf den Kleiderständer,
trat zum Spiegel und ordnete ihr Haar. Die Augen waren glän-
zend, und um die Wangen spielte leichte Röte. Schwere goldene
Flechten krönten die reine, hohe Stirn. Sie lächelte ihrem Spiegel-
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bild zu und begann auf und ab zu gehen.
Es verging ziemlich viel Zeit. Dara ging immer noch mit
leicht vorgeneigtem Kopf, mit auf der Brust verschränkten Armen
und biß sich auf die Unterlippe.
Als sie des leisen Klopfens an der Tür gewahr wurde, erhob
sie den Kopf, sah sich erstaunt um und sagte laut und ruhig:
Herein!
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„Bitte, bitte treten Sie ein! . . Hierher, wenn ich bitten darf,
wünschen Sie ein großes Zimmer?“
Das ist gleich. Nur sauber muß es sein.
Sofort . . .
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V.
NEUE JUGEND
Seine Lippen waren frisch und zeigten, sich öffnend, eine gleich-
mäßige Reihe weißer Zähne.
Auch Dara lächelte.
„Nun, setzen Sie sich . . .“ sagte sie freundlich, ihn aufmerk-
sam betrachtend.
DINGE UND MENSCHEN
nach dem Gesang der Priester mit hochgerichteten Zweigen —
ja, das ist die heiligste der Nächte, die uns umgeben hat, das
ist die Fülle der Liebe, die uns durchdringt. Das ist das uner-
hörte Ereignis, auf das wir warteten, ehe wir zur Welt gekommen
waren, das ist das Wunder, an dem sich unser Leben erfüllt. Aus
ihren harten Rahmen haben sich die Farben gelöst, als freie be-
seelte Geister dienen sie der Nacht und dem Mond, der uns er-
hebt. Rot ist Grün und Gelb ist Blau. Vor Symbolen kann man
nicht sehen, muß sich die Hand vor die Augen legen, muß
Lippen und Herz in Schlaf singen wie ein Kind. Alle Standarten
sind versteckt, niemand will Führer sein. Derwische haben sich
zur Ruhe gelegt — es herrscht nur der Glanz, stiller Glanz der
Seligkeit, mattleuchtendes Fanal des Glücks. Ach
erlebe kann ich euch nicht sagen. Wo ist die Hand, nach der
ich tasten kann, wo das Gewand, das ich küssen darf? Wo ist
die Geliebte, die mir die Verse des Tasso rezitiert, für die die
Besten ihr Leben gelassen haben? Boote will ich und sanften
Gesang
Paläste an der Riva Schiavoni
.
Du hast die Messe in dem großen Dom gehört, taumelst
beseligt zwischen den Pfeilern aus aegyptischem Marmor, hältst
mit deinen Blicken das unsagbar elfenbeinerne Gerüst der Kuppel
über Deinem Kopf. Da sind die Sarkophage der verstorbenen
Helden, die mit den Tartaren um die Ehre Gottes kämpften, da
sind die Fahnen der besiegten Barbaren, die rotbärtig und wüst,
plump wie Kühe, verfressen und fett, das Feuer an geheiligte
Grundmauern legen wollten, ehe sie der Blitzstrahl des Erzengels
traf. Da ist der leuchtende Stein, von den geschicktesten Händen
als Emblem der großen Inspiration zwischen die Quader gefügt,
da ist — mir zittert die Stimme, indem ich es ausspreche —
das Bild der Mutter Christi, der großen Gebeugten, der ewig
Duldsamen, der unfaßbare Ausdruck der Milde, vor dem die
Jahrhunderte sich nicht schämten, ihre heißesten Tränen zu ver-
gießen, vor dem die Grafen und Könige ihre ziselierten Schwerter
zerbrachen und die Damen des Hofes, die Lukrezien und Leo-
noren, ihre Kniee beugten ohne Aufenthalt. Die weißen Mützen
der Dreifaltigkeit gehen durch den Raum, auf deinen Finger-
spitzen balanzieren die Flämmchen des ausgegossenen Geistes,
und sieh, du Mensch, du Zwillingsbruder, ehe du dich von dem
Halbdunkel wendest, das Größere erschüttert hat, bevor deine
Ohren wieder auf die hellen Töne der Sonne gerichtet sind, die
deinem Herzen wohler tun werden als je — sieh sieh — da
wirfst du dich auf die ausgehöhlten Steine und schreist: Herr,
Herr mein Gottl Herr, Herr mein Gott! Ich sehe von den
bunten Bastionen in ein fremdes Land, das angefüllt ist mit selt-
samen feindlichen Bäumen, Basaltfelsen und heißen Quellen. Ich
sehe Aethiopier, Leoparden und Ratten im Kampf. Glut sehe
ich, Glut der von der Flamme zerfressenen Häuser, Glut der
Der Student war wirklich jung und hübsch wie ein Mädchen.
Rosafarben, mit tiefroten, weichen Lippen und blauen Augen. Auf
der Oberlippe
Malik- Verlag
ein zarter, goldner Flaum.
Er setzte sich etwas linkisch und lächelte von neuem.
„Man sagte mir, daß ... Sie es allein . . . langweilig haben,“
begann er, immer tiefer errötend, „aber ich dachte, daß ... Ich
dachte, das würde irgend so eine . . . sein . . .“
„Und bin ich denn nicht ,irgend so eine‘?“ fragte ihn immer
noch lächelnd musternd Dara.
„Ja . . . Das heisst . . .“
„Wissen Sie, weshalb ich Sie herkommen ließ?“
Der Student sah sie furchtsam an.
„Verzeihung ... Ich weiß nicht . . . Vielleicht habe ich
mich geirrt . . . Mir sagte der Kellner . . .“
Dara lächelte spöttisch.
„Sie haben ihn ganz richtig verstanden. Wie alt sind Sie?“
„Dreiundzwanzig.“
„Stimmt das? Haben Sie nicht ein paar Jahre draufgeschlagen?“
„Oh nein. Ich sehe nur so aus . . .“
„Das erste Jahr auf der Universität?“
„Nein, ich bin schon im dritten Semester . . .“
„Hm! Sie sehen aus, als wären Sie im ersten. Nun, und jetzt,
— sind Sie sehr erstaunt . . . über all das?“
Der Student sah sie mit etwas mehr Mut an und heftete seinen
Blick sogar eine Weile lang auf ihre Augen.
„Nein . . . Das heißt, natürlich . . .“
Er schwieg betretenen . . .
sind zukünftige Journaille, bald kräftige Totschweiger, auch Tot-
treter
Journaille, Journaille. So sind wir, so ist er. Er ist
größer. Er ist Kind und Orkan zugleich. Er ruft die Schlampen
und Lumpen des Jahrtausends zur Revolution und läßt sich die
Haare über der Stirn schneiden wie eine Priesterin der Vesta.
was ich
Er hat ganz die Seele eines Kindes, die himmelblaue Seele eines
Kindes, verstehst Du
sodaß die älteren Weiblein eine neue
Boote unter Fackeln und die Phosphoreszenz der
Lieder will ich aus einfachem
Mutterschaft an ihm einiiben, ihn aus ihrem gelblichen Leib aus-
tragen (mit Geld und guten Worten) ihn aufpäppeln und auf-
schreien, ihn auf seinen Thonfüßchen festhalten, daß er ja nicht um-
falle. Denn er ist so schwach, so anämisch und mattherzig -
ihm so schwer, immer genial sein zu müssen, sich immer zu
daß er das besteMitleid verdient (wir wollen ihm die Backenknochen
streicheln, wir Jonrnaille, Journaille). Ach
seiner Persönlichkeit, nur
Er ist so unklar, so verlogen, so bereit zu jeder Imitation, daß
er wie keiner den schöngeschorenen Pudeln gleicht, die nach der
Flöte tanzen. Wenn Frieden ist, brüllt er Krieg
Krieg die Leiber der Völker zu zerfetzen, winselt er Frieden und
zeigt sich dem erstaunten Publikum als Demokrat und Pazifist,
ist es still, ersehnt er den Sturm, fegt aber der Sturm über die
Dächer und hebt die tiefen Brunnen aus, quäkt er nach Ruhe —
sentimental erregt, Korallenkettlin auf dem Grund. Ach du
gezeichneter Hokuspokusmacher, Vivatschreier und Schlangen-
ach Du wundervoller Kulissenschieber, Du Chamaeleon,
Proteus und Serpentintänzer der Seele. Du chaotische Schweins-
blase, Du lärmender Säuselwind
Mund, die mich das Leben der schönen Frauen lehren — Worte
will ich von Freunden, die den Lauf der Gestirne kennen und
weise sind. Eine unendlicne Nacht will ich, in der der Himmel
schwingt — unendliche Horizonte und den Atem der Nacht —
vor allem den Atem der Nacht, der in die Adern dringt und
mich berauscht. Korso seh ich — Korso und Fächerschlag —
ach wie du lachst Seraphinä — wie du lachst Seraphina — ver-
dammt — verdammt — lautlos — lautlos — wahnsinniger als je.
Das griechische Feuer sitzt also doch in meiner Brust — o
schon fühle ich den neuen Sturmwind, der mich hin-
es fällt
üben
er ist nur die Sentenz
der Begriff seines eigenen Wollens.
beginnt der
o
austragen wird, aber ich bin so fromm wie ihr. Ich bin so fromm
wie ihr
das ist das einzige, worauf ich Wert lege. Ich habe
Kassenbücher gefälscht, meinen Vater geschlagen, ein kleines
Kind in die Jauche geworfen
nisters lackiert
ich habe die Hosen des Mi-
aber ich bin so fromm wie ihr. Zwillings-
bruder hör mich an, sieh die Gerechtigkeit auf meinen Lippen —
verdammen kannst du mich nicht. Denn ich habe mich in allen
aus-
o — o
mensch
Der Preis des Buches beträgt ordinär . . .
Die vom Verfasser und Zeichner signierten Exemplare
kosten 50 Mark.
Bei Subskription ermäßigt sich der Preis jedes
Buches um 15 Mark
. 25 Mark.
Erdteilen um die Phantasmen Gottes bemüht
frage den Inder
in Ceylon, frage den Neger, laß das Tamtam umgehen in Samo-
thrake
wie lange werden wir uns
deine Seilkunststücke noch gefallen lassen? Wir kennen die
heimsten Falten deiner Seele, wir kennen die Kochkiste deines
Herzens
ganz kann man mich nicht verwerfen. Wenn es Ge-
rechtigkeit gibt, darf man es nicht tun.
ge-
Ruhm möchtest Du, Ruhm und Geschrei um den
großen Dichter. Du Tapezier-Genie aller Dichtkünste
gleich tiefere Salami. Du bist der Typus der Gestenschwinge
und lallenden Seladone, Du bist die oberste Froschmolluskenbrei-
natur von Berlin und darum
II.
Der Malik-Verlag, Berlin-Südende, Steglitzer Str. 34
du un-
Diese Beschreibungen genügen bei weitem nicht. Man muß
hier mit ganz einfachen und harten Worten sprechen (Haben wir
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wie stolz kannst Du sein
unerhörten Attake wert. Es gibt keinen Menschen, den man besser
prügeln könnte als dich, darum weise deine Hinterbacken her
und beginne dein masochistisches Freiheitslied.
Antipode und Antischreier ersten Ranges
lieben, verflixter Prügelknabe
erproben und dein Leib ist gerade weiß genug für mein Schwert
„Nun, und wenn Ihre Schwester dasselbe täte, was würden
Sie dazu sagen? . . . Haben Sie eine Schwester?“
einer
Ja.
Du bist
„Nun?“
Der Student schien sich jetzt sehr schlecht zu fühlen.
„Ich weiß natürlich nicht . . . Vielleicht sind Sie unzufrieden
. . . Ich werde fortgehen, ich wollte Sie nicht verletzen . . . Der
Kellner sagte mir . . .“
„Was hat Ihnen der Kellner gesagt?“
Der Student erschrak wieder und wollte sogar aufstehen.
„Bleiben Sie doch sitzen!“ fuhr ihn Dara an.
Ihnen der Kellner? Wie hat er sich ausgedrückt? Uebrigens —
Unsinn . . . Das ist einerlei ... Ich habe Sie zu mir rufen lassen,
wie Sie es mit Prostituierten zu tun pflegen. Hören Sie? Sie
werden wahrscheinlich kein Geld annehmen . . . Aber wenn Sie
wollen, werde ich Sie bezahlen. Ich brauche Sie, wie einen Mann.
Verstehen Sie? Das ist alles. Sind Sie einverstanden?“
Er warf ihr hilflos-erstaunte, ungläubige Blicke zu.
„Nun? Warum schweigen Sie?“
„Ich bin einverstanden . . .“
„Und das Geld werden Sie auch annehmen?“
Dara sah ihn mit Neugierde an.
Ihm schoß das Blut zu Kopfe.
„Nein . . . Wie können Sie?!“
„Warum denn? Ihre Lage ist doch die einer Prostituierten?“
Er erhob sich und warf ihr unruhige Blicke zu.
„Dann . . . Dann muß ich . . . Ich werde fortgehen . . .“
„Sind Sie beleidigt? Und wenn ich Sie mit einem Arzt ver-
gleiche? Ich brauche Sie, wie man einen Arzt brauchen könnte,
und bezahle Sie dafür. Das macht doch nichts?“
Sie lächelte seltsam und abwartend.
Der kleine Student sah sie von der Seite an, —
oder ist das ihr Ernst?
„Das ist etwas anderes . . .“ sagte er vorsichtig.
Dara stand lächelnd auf.
Als der Student wieder fortging, sah er Dara mit einer
flehenden, schüchternen Demut an, daß man auf den Gedanken
kommen konnte, ihm einen Fußtritt zu versetzen.
„Nehmen Sie das Geld?“ fragte Dara, ohne sich umzudrehen,
während sie vor dem Spiegel stand und ihren Hut aufsetzte.
„Warum sind Sie so?“ flüsterte er mit bittendem Vorwurf.
„Ich werde Sie . . . wie eine Göttin verehren, und Sie . . .“
„Ich will, daß Sie es annehmen. Reichen Sie mir bitte die
mein
darum laß mich dich
ich will meine Peitsche an dir
IV.
Kaum hat sich der Mensch in den Abendwinkel seines ge-
ohrten Sessels gesetzt, kaum beginnt er sich nach den Formen
seines Weibes umzusehen und an die Phantastik kommender
Träume zu denken, die die Geburt härtester Wirklichkeiten sind,
da läuten sie wieder dies
Was sagte
verfluchte Sinngedicht, dieses Epos
aller Impotenzen aus und der Rhythmus stört seine Nachtruhe:
das ist der Hans im Schnakenloch, ta, ta
weiß nicht was er will.
Schnakenloch, der
Er bekommt eine maßlose, geschmack-
lose, berserkerische, fast teutonische Wut. Er läßt sich sein Gong
und seine Topfdeckel kommen und spricht dies poeme bruitiste
einem schnell versammelten Publikum: Ich denunziere diesen
Hans im Schnakenloch als ein fatal chauvinistisches Stück, als
eine Dependence der deutschen Tageszeitung, als den Gegensatz
alles dessen, was wir in unseren besten Stunden groß haben
Der Autor dieses Stückes muß einer jener typischen
Halb- und Lemurenmenschsn sein, einer jener Taster nach allen
Seiten
zu
wollen.
jener Praefektoren und Protagonisten lauwarmer
Literatenbanden, die wir endlich, endlich
abtun müssen. Das ist
einer
nun aber ganz —
ein Bruder, der es äußerst geschickt ver-
steht, schöre Liberalismen hinter shakespearschem Donner und
Halbdonner hören zu lassen
das ist ein Kerl, der für die
Jungen zu sein scheint und sich sehr fest an den Rockschößen
der Alten hält. Das ist einer von den Unerhörten, die es sich
nicht nehmen lassen „reif zu werden“,
gekochte Sentimentalität
scherzt sie,
bei Subskription / Der Malik-Verlag, Bln.-Südende
Dies Stück ist die steif
der Krieg, der hier beschrieben ist»
ein Froschmäusekrieg, ein Kolophoniumkrieg, ein Krieg der Krieg-
fremden. Man muß begreifen wie das Publikum auf dies Spek-
takel reagiert, um die ganze geistige Inferiorität des Gewinsels
Flüße, in
der Mordgier, Glut der Rache. Ich sehe das Weltall in der Stunde
seiner Niederkunft, die Leiber der großen Sterne entwanden sich
ihren Ketten, die Lippen des Makrokosmos haben sich gelöst
Da ziehen die Scharen der Halbentseelten, der Scheintoten und
Dämmerkranken, aufgeschwollen an Bäuchen und Füßen, Affen
und Pauke an dem Genick. Rette du mich mein Gott vor dem
denen sich der erbarmungslose Brand spiegelt, Glut
nicht zu viel erlebt, gesehen, gehört, um uns noch auf Umwege
einzulaßen?) man muß diesen Menschen beschreiben, als er mit
düsteren Augenbögen, verkniffenem Mund, napoleonisch gefalteter
Toga die Caföhaustische umkreiste, als er es verstand, die Harm-
losen, Neugierigen und Ehrlichen mit einem leichten Hochziehen
seiner schmalzigen Oberlippe fernzuhalten,
was tut er?
ANTON GROSZ AUF DER FLUCHT
Wer ist das?
welch ein Mensch
er sieht bedeutend aus
Tasche.
ZEICHNUNGEN VON GEORGE GROSZ
Hauch der Verwesten, der Pestilenzler und Seelenkranken —
alle Freudenhäuser sind geöffnet und schon dringt der Strom
des Giftes über uns hin. Die Luft ist schwarz
welch ausgezeichneter Schwachkopf“. Voilä quel homme! Las
Augenzwinkern der verschüchterten Backfische, das dienstfertige
Gesäßheben der Kellner, die Begeisterung literaturidealistischer
Studioten — welch ein Fest das alles für ihn, den Dichter, den
Genius, den Raubmenschen, den Land- und Weiberusurpator.
wie sein Herzlein zitterte und wie ihm das Fett eigener
Begeisterung an den dünnen Waden herablief, wenn er die glücks-
verdrehten Augen eines Hundes sab, der mit Schwanz und allen
Beinen zu ihm hinaufwedelte. 0 — wie er diese Augenblicke
eingebildeter Größe in seinem Platthirn genoß — wie er zitterte
und schwitzte. Doch nur nichts sehen laßen, Standbild sein,
Der Dichter ruft euch Zwanzig-
Du sprichst mit ihm — er kennt die Welt, Japan,
— alle Frauen — alle Toxine — aber er hat noch
Er reichte sie ihr demütig. Sie öffnete sie, entnahm dem
Portemonnaie zehn Rubel und reichte ihm den Schein hin. Sein
Gesicht bedeckte sich mit tiefer Röte.
„Nehmen Sie!“ sagte Dara stirnrunzelnd. „Hören Sie? Ich
will, daß Sie es annehmen. Ich sehe nichts Häßliches darin. Sie
haben mir einen Dienst erwiesen. Nehmen Sie. Sonst gebe ich
es Ihnen in Gegenwart des Kellners . . .“
Sein Gesicht überzog eine qualvolle Röte, nahe am Weinen,
streckte er die Hand aus. Dara sah ihn an und steckte das Geld
wieder in das Portemonaie zurück.
„Ach, Sie! . . . Na, meinetwegen. Gehen Sie jetzt und
schicken Sie mir den Kellner. Hören Sie, noch eins: der Kellner
hat mir zuerst einen Herrn geschickt, mit dem ich aber nichts
zu tun haben wollte. Es ist anzunehmen, daß er mich aus Rache
wird ausspionieren wollen. Wollen Sie ihn daran hindern?“
„Oh, natürlich!“ fuhr der Student erleichtert auf.
„Ich danke Ihnen. Aber auch Sie selbst werden mir nicht
DER NOTZUCHTSVERSUCH DES WENZEL GROSZ
Vögel seh ich
- hahahaha —
— Elefanten groß, groß wie Häuser, groß wie Berge
sie schlagen mit ihren Schnäbeln in das weiße Fleisch, sie schlagen
mit ihren Krallen in das weiße Fleisch. Aus den Glaskuppeln
stiegen die Drachen, Lanzettfische und Molche. Papp-Drachen,
Papp-Fische, Papp-Molche. Hahahaha
Herz, was hilft meine Frömmigkeit, die Reinheit meiner Augen.
Die Erde brach auf und spie die Kohorten der Teufel aus —
Dickteufel, Krummteufel, Gallertteufel, Klabautermann um Kla-
bautermann. Wie die Harpyen hocken sie auf den Agaven, den
Rotdornsträuchern, den Hollunderbäumen mit verzerrtem Gesicht.
Rette mich Gott, rette meine Seele vor den Teufeln. Jetzt kommt
wieder die Stunde
DIE DENUNZIATIONEN DES JO
0
BILDBEILAGEN VON^^jj
E EROSZ
was hilft, mir mein
TI TEL WAP.
EORGE GROSZ
Größe sein, Genius, Genius,
jährige - “
Indien, China
eine Pose, dies alles nicht zu kennen, über und neben allem zu
sein, er ist noch der Farceur seiner selbst, es bleibt noch das
Monokel, durch das er seine Seele beschaut. Wir sehen dies
und staunen. Wir haben das Gymnasium besucht, kennen Göthe
und Heine, fraßen eins zwei drei deutsche Literaturgeschichten.
Wir sind Konpatrioten der Patrioten, die für jedes Volk eine
Literaturgeschichte verfertigt haben. 0
das dichterische Ingenium zu verstehen, wir dichten selbst, wir
ERLEBNIS DES ANTON W. GROSZ
FAKSIMILE PAUL GROSZ
das Bombardon, jetzt kommt das Bombardon
des Todes Jesu Christi
des Donners über dem Tempel. Allzulange wartest Du
mich Gott.
Fluchen der Kriegsknechte
Heulen
— rette
SEIDEL STELLT SEINE LETZTEN FALLEN
folgen?“
.
VIGNETTEN VON GEORGE ? GROSZ
Wenn Sie das . . . nicht wünschen . . .
„Natürlich wünsche ich das nicht.
Schicken Sie mir den Kellner.“
Dara bezahlte die Rechnung, schickte nach einer Droschke
und ging ebenso langsam und streng hinaus, wie sie gekommen
war. Aus einer Tür sahen ihr neugierige Gesichter nach. Man
lachte laut. Dara lächelte, ohne sich umzusehen.
Vor der Einfahrt standen der Portier und der Student. Die
Droschke fuhr vor.
„Adieu!
Beide verbeugten sich tief.
Dara sagte dem Kutscher „geradeaus!“ und fuhr ab.
Gleich darauf, als sei er die ganze Zeit auf der Lauer gewesen,
stürzte der Herr mit dem dichten Bärtchen mit einem steifen Hut
auf dem Kopfe aus der Tür und begann hinter der Droschke her-
zulaufen. Im nächsten Moment aber schon holte ihn der Student
ein und packte ihn am Oberarm. Dann wälzten sie sich am Boden.
Also leben Sie wohl.
Man ist wie das Meer, das sich zurückzieht auf die hohen
Sandufer, die Felsvorsprünge und Steine der Riesenmolen. Man
ist wie das Meer, das die Süße des Mondes anzieht, zurückge-
rufen von der Geliebten, den Flöten- und Zimbelklängen. Einen
hellen klirrenden Tag lang donnerte es seine Wut aus, zerwühlte
seine Brust, schlang Schiffe auf den Grund. Einen heißen un-
erhörten Tag lang schrie’s seinen Kampf in die Himmel, Fetzen
von Schaum um seine Stirn gelegt. Einen Tag lang umsprang
es das Kap und die Küsten der Negerländer als wütender Tänzer,
zersplitterte Holz, sprengte Steine, spie, lachte, grollte, überschlug
sich und wand sich auf seinem Weg. Einen Tag lang
einen Tag lang. Die Augen der Nacht riefen uns zurück, der
Duft der Weingärten und die Glocke der kleinen Städte. Die
Stille tastet nach unseren Augenliedern, schon sind wir er-
schüttert, ohne es zu wissen, schon öffnen sich die Kelche der
großen Blumen für uns. Die Bäume schreiten von der Anhöhe
wir sind imstande,
verstehen zu können, man muß das freudig erregte Gesicht der
Herren von der Preße und der Herren von der Schwerindustrie
gesehen haben, um die wirklichen Instinkte dieses Schnakenlochs,
dieses Unkenlochs, dieses dumpfsten aller Löcher fühlen zu können.
Nieder mit ihm, für immer nieder mit ihm.
und entschlußfest, gründen wir einen Anti-Schickelebund und ge-
brauchen wir die Weißen Blätter als Papier timbr£. Was sagen
Sie „Kameradin“ Kolb? Haben Sie einen Einwand, eine Recht-
fertigung für Ihren Spielgefährten — wie? Ich finde keine — für
mich besagt es garnichts, nach teutobaldischen Excessen von der
Bühne zn hören, daß die Franzosen ein stolzes und tapferes Volk
sind. Nein — sie sind genau so gemein, so brutal, so hinter-
sie sind ein Volk von unglaublichster Infamie
wie ich teuflischer noch keins gesehen habe und dieu merci —
das ist ihr Glück, sonst hätten sie weder die Revolution von 1789
Seien wir schnell
Dara nickte dem Studenten und dem Portier
zu.
nur
hältig wie wir
NEUE JUGEND
im Wintergarten. Die Tänzerin Elfe Ruffel fcßeint
einer Ballettfcßule entlaufen zu fein. Die Direktion
follte darauf achten, daß fid) der Koftümwecßfel etwas
fcßneller vollzieht, die Leute fcßlafen fonft ein. Gut
find die Equilibriften Maximilian und Soi)n. Der
jüngere arbeitet an der Stange mit verblüffender Sicher
ßßit. Die Begleitungsmupk wird immer ärmlicher. Es
fcpeint faft, daß man näcßftens ausgraben wird: Pupp
ctjen . . . , dagegen pnd die Dekorationen im Palaft
Theater geradezu hervorragend.
gemacht noch jene Dichter hervorgebracht, denen wir nicht die
Schuhbänder lösen können. Mich ekeln diese Halbweisheiten an,
Kameradin Kolb, Halbweisheiten nnd Literatursprüchlein, deren
Konjunktur — jetzt nach dreijährigem Gemetzel — ach so gut ist.
Warum lassen sich in diesem Pseudodrama, in diesem Gallert
und Syrupdrama alle Menschen von dem Krieg bestimmen, wa-
rum lösen sich Familienverhältnisse, wenn die erste Granate
einschlägt
i vor dem Kriege waren
Geist zu sterben?
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. Die rote Nacht
Der Film, der in den U. G’s, später in den Kammer
licßtspielen am Potsdamer Platz gezeigt wurde, führt
eine allerdings etwas knappe Handlung sehr straff durch.
ünter dem gegenwärtigen Tiefstand der Lichtbildkunst
ist es besonders sympathisch, den Versuch zu sehen,
in die Bildwirkung Rythmus zu bringen. Das Einfangen
des Interesses beim 3usd)auer in der Darstellung des
Brandes der Petroleumquellen von Palls ist vorbildlich-
Nirgends häufen sich ins Sentimentale verzerrtere-
scßeßnisse. Man kann sagen, die Führung der Handlung
glättet sich später Zusehens ab, beruhigt sich
wirkt gerade darum! Die Aufnahmen sind überaus ge
schickt. Evelyn, in der Brandung laufend, immer wieder
gleich aufgenommen, fällt, steht auf, fällt, darüber
Gischt
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sind wir nicht genau das, was wir
wir die wir den Mut haben, für den
Der Autor dieses Schnakenlochs, dieses Unkenlochs, dieses
dumpfsten aller Löcher gehört zu denjenigen, die nach der Schweiz
gelaufen sind, als es hier wichtig zu werden begann, Dinge zu
tun, Geistiges durchzusetzen, vielleicht das zu tun, was
müssen mich verstehen Madame
' tif.
Äpollo-Cljeater.
Sie
Der Hauptpunkt des Apollotheaterprogramms ist
diesesmal der ausgezeichnete Illusionist Ernest CI)orn
dessen Tricks durchaus erstklassig sind (verblüffender
Zauberer, der aus Wasser Wein macht, und noch nach
neun Uhr Liqueur auschenkt) .... unter anderem: es
gelingt ihm überraschend, bei hellstem Licht einen Baum
samt Vogel, mitten im Publikum, spurlos verschwinden
zu lassen Obwohl man Ernest Thorn schon oft auf
Berliner Varietöbühnen begegnet ist, sieht man seine
Darbietungen stets mit neuem lebhaften Interesse. Von
den rein akrobatischen Leistungen sind die drei Schwestern
Pioetz-Larellas zu nennen, graziös molchhaft als
Handtänzerinnen und als biegsame Kautschukdamen.
Kätl)i Sandwina (eben von der Ostfront zurückge- Titel vermögen nid)t immer den Inhalt
kehrt!) .... auch keine Unbekannte . . zeigt uns tu$cben Nad) dem Falkcn« der j„ der Cat ejne Ente
wieder einmal ihren rosanen athletischen Körper--- ist> braust jcfet der „Orkan“ in die Literatur
fg Wer sich selbst jeben sieht, fühlt— daß niemand bizarr und unbewußt masachistisch wirkt das Männchen- grause. In der Ankündigung wird festgestellt, daß
zum Kompromiß gebunden ist. Die Schwäche, die sich Palast-OjCcltfcr aill 3^0 karussel, wobei ihr Körper die Axe ist .... Hrlo und mjt dgm iSturm„
im Äustauscbverßältnis steht,
erkennt, trägt das Glück schon in sich. Die Forcierung färhniVhor Hnmorirt D^l° ' ' ' Humor-R‘ldfahre"’haben 'hre ^um™r noch das der „Sturm“ weiß? Äußer einer Reiße Gutachten
jenes Glückskeimes - gegen den Kompromiß, als Er- 3uv.el ßumor Paul Gobel, faJFiWer Humor,ft, nicht ,m ganzen so konzentriert und schlagend durch- übfir den 3wed( der Kultur und des 0rkans inbeson
leben - ist das Glück. Die Entfaltung dieses Glücks Geor9 Neumuller, fuddeutfcßer Komiker die Ge- gearbeitet um als erstklassige Radnummer zu gelten - dere> unter dengn sj(fe neben und SQnsti
bedingt, solange im Rahmen der Umwelt Kompromisse [angsfoubrette Lilly mit ßund Foxel einen Steier.fcßen Fritz Steidl, durchaus populärer deutscher Hu- äl)nlid) veranlagter Herren merkwürdigerweise auch
noch erkennbar sind, den Zwang, zur Auflösung, Re- tanzend — feßr fcßwacß. Margit und Lener arbeiten morist, Tierstimmenimitator und Komiker, erntet natürlich paui Ädler befindet 9 °°
volution und Erlebensbestätigung. Eine Form des Glücks, 9“* ™ akrobati^en Akt: „Fnjd, geftndjen '. Belloms stets größten Beifall (besonders bei dem Friedens-Couplet!) arbgiter dgr künftigen Erjd) Mübsam an kündi t
zu der das Ich keine Stellung nehmen kann, die durch Wunder-Kakadus und die jeß reich ®~ wird — werden aus dem Inventar der Verlage S. Fischer
Welf aufreißfndiezett !n'd «Jrümmernd* ein« CamilTolSwarz'anSmbarer Durd,fd,nitt. Die ZirkUS Hlbert SdjUmaim. “nd J“rt Wolf Proben veröffentlicht und besprochen,
lebenspunkt konzentrisch aus den Erlebnisspannungen Hauptnummer: Jofef Milos, DarN^ng berüßniter Aus dem Teßr abwechslungsreichen Programm ßnd wäßntenVerleger besonders abgestimmtes fob. Zum
Noch ist es besser, gegen dieses blück zu sündigen, beengten Raum nicht fo gut wie vor wenigen Monaten Vorzubeben, eine Nummer allererften Ranges. Fabel- Zen dJ gerad°e Senden Verleger An Sr
Die Verkrampfung im Rahmen unser Umwelterscheinungen hafte Durcharbeitung von Grotesk-tUirkungen. Ferner Spike marschiert die deutsche Randelsaesellschaft
trägt mehr Glauben in sich als der Versuch, im reinen die Spaßmacher Ädolf und Coco. Die Zuhörer werden
Glauben sich an der Ichzertrümmerung dieser Kompro- in die überaus einfache Handlung der Komik unweiger
misse zu schonen. lieh eingefangen, die Ruße Adolfs ist der größten (üir
Aber die Wir — wir wollen nur glauben. kung fießer. Die vornehme Selbftbeberrfcßung des Di
Denn die Wir pfeifen auf das Leid. Hohnlachend rektors Albert Schumann in feinem hervorragend ge
der Zerstörung Die Wir glauben an das Glück. So arbeiteten Drefßirakt ift zu bekannt, als daß noch be
zu glauben, daß aus der Explosion dieses Wir — fixiert a a _ fondere Worte darüber zu verlieren wären. Gut find
aueß die 4 Veras, Draßtfeilkünftlerinnen. Sie wirken der Europäifcßen Staats- und Wirtfcßaftszeitung Pect)
er ift troß Gründung ausgebootet worden.
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eine unerhörte und über-
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raschende Neuigkeit bedeuten kann.
Das sind die Herren, die nach den vollbesetzten Tischen
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mehr gibt, gehen sie nach der Schweiz, wenn dort die Lebens-
mittel knapp werden, müssen sie weiterwandern. Auch Sie
göttlicher Meister und Herausgeber dieses Zeit-Echos, das aus
allzu versteckten Winkeln wiederhallt — auch Sie Ranunculus acer,
Mensch in der Mitte, Rubiner, Dichter kriminialistischer Sonette
Sie sind auch gemeint. Stecken Sie sich beizeiten eine Kladde
vor das Gesäß und lassen Sie mich in Ruhe einen neuen Stock
wenn es hier nichts
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oßne daß man die Verfolger sießt, prägt
sicß außerordentlid) ein. Bleibt nod) zu sagen, daß
die Darstellerin, Frau Clara Sandberg, darstellerisch)
oßne Starmanieren seßr Wertvolles leistet.
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schnitzen
dann kann der Tanz losgehen und ich verspreche
Ihnen, weißhaariger Meistersänger, Führer der Menschheit
soll ein Duo geben, wie Sie trotz Ihrer Literaturerfahrung noch
keins erlebt haben.
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Neue Zeitsd>riften
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Verantwortung zum Glück
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man lacßt meßr, wenn als Mit
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undso, Äbteilung Verlag, die neben dem Orkan gleich)
eine ganze Romanserie verlegen will. Die Aufmachung
spottet jeder Beschreibung, jeder Marienkalender ist
besser. Paul Ädler, im Zeichen höchster „Deutschßeit
sagt er, hat das Wort!
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Heinrich Micßalski, Gründer von Beruf, hat mit
als Zwang, der die Spannungen als Motor bewegt
das Ich leid-überladen und verwittert sich herausschält.
in der Manege faft noch beffer, als unlängft im Äpollo- gehabt
Theater. Das übrige ift Kriegsdurchfchmitt. Dem großen Dort pt$en jefet andere ßerren am Cifd). Es ift zu be
Publikumg efallen Turl Daml)ofers Bayrifcße Älpen- grüßen, daß Heinrich bald was Neues gemanaged hat:
Spiele* (Die Gauben auf der Szene fcßlagen gottfeidank Die Drei! Sehr befeßeiden. Micßalski follte rußig
das Tßeater aus dem Feld). Die Pantomine Fjalali, fagen: Die Taufend! Man lefe aber dies Blatt, das in
Parforce-Scßni^eljagd, gehört nicht gerade zur beften München mit irgendwelcher Politik und fonftwie er
feßeint. Man lefe es um Heinrichs willen.
Für das Ich ist es verhängnisvoll, an das Glück zu
durch immer
Muß es sich nicht sichern
glauben.
wiederden neuerkannten Zwang, hier zum Widerspruch —?
Glauben und Zweifel zu einem gemeinsamen Dritten
gebären lassen, das Alle samt dem Ich tragen kann und
das Ich auch als Teilchen der motorischen Kraft nicht
Gradition des Unternehmens.
ausschalte.
Dafür lohnt es sich, gehangen zu werden.
Das Glück trägt restlos alles, auch das Ich vollin-
haltlich. (Die Zersplitterung in Erlebenskompromisse,
die die Schlampigkeit unseres Widerspruchs gegen Natur-
gesetze bedingt hat, bleibt so wie so jedem Einzelnen^
der auf einmal den Vorzug bekommt, „allein“ zu sein
überlassen) Der Tod ist Privatsache. Wobei unklar
bleibt, ob damit nicht mehr geschieht, wenn man
dem einzelnen dazu verhilft, als diese
Schweinearbeit jedem sich selbst zu überlassen.
Laßt uns lieber das Glück binden, damit wir es zer-
if
pflücken können, ehe es verdorrt. Leierkasten.
Es wird vergessen: Das Ich hat mit dem Glück als
Begriff nichts zu tun, wohl aber als Inhalt
renziertesten Unteibewußtsein. (Um ernst zu bleiben.)
Die lebenfressende Spannung von Begriff und Inhalt
gesehen als Verantwortung zum Glück,
FRÄULEIN UND LIEBHABER
im diffe-
WERBUNG
STRASSENBILD
(Erleben
schaltet gottlob Gott aus.
Es ist eine Sensation, daß die Wir eins noch nicht
KAF F SÄHAUS
fertiggebracht haben, den Zwang zum Schweigen. Dieser
Zwang kann damit beginnen, vom Glück zu reden. Ließe
sich ein Zwang zum Glück fixieren, auch nur in drei
Lebewesen, so würden sich die restlichen Milliarden
anderer nicht auf die drei stürzen, sondern augenblicks
krepieren, wie man sich häufig den Weltuntergang vorstellt.
Ich vertrete den Zwang zum Glück.
Selbst bin der Zwang.
Weil ich mir unter Glück nichts vorstellen kann.
Ich
SPAZIERGANG
Im Verlag FREIE STRASSE
Berlin-Südende
ist ein neues Heit erschienen:
FRANZ JUNG
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Preis des Heftes 1 Mk*
GOLDGRÄBER-BAR
Statt der zweiten Ausgabe der Zeitschrift Neue Jugend liefern
wir unsern Abonnenten der Monatsausgabe diese Prospekte un-
entgeltlich. Die Prospekte erscheinen nicht zu festen Terminen
in bestimmten Abständen, sondern je nach Bedarf und Inhalt der
Zeit. Der Einzelpreis jedes Prospektes ist 20 Pf. Der Abonnements-
preis der „NeuenJugend“ vierteljährlich 3Mark. Der Malik-Verlag.
Mitarbeiter des Malik-Verlages: Max Herrmann, Cläre Öhring,
Richard Huelsenbeck, George Grosz, Franz Jung, Helmut Herzfeld.
Herausgeber des Prospekts: Der Malik-Verlag, Berlin-Südende.
Druck: Maurer & Dimmick, Berlin SO 16, Köpenicker Straße 36-38.
DER MALIK- VERLAG, BERLIN-SUDENDE
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