45 b) Gebäude Bodenständige Plastik, sollte man meinen, wird am sichersten sich entfalten und bestehen bleiben, wenn sie organisch mit Bauwerken verbunden ist, die ihrerseits den Stürmen der Zeit standhalten. Zürich ist nicht reich an solchen Zeugen. Vom ersten Bau des Fraumünsters, am Stadthausquai, vom Jahre 874 wurden 1898 beim Abbruch der Klostergebäude Bruchstücke von Pfeilerkapitellen gefunden, vom roma nischen Kreuzgang aus der Mitte des zwölften Jahrhunderts sind eben falls Bruchstücke von Kapitellen, Kämpfergesimse und Masken von den Bogenstellungen vorhanden, am Chor aus dem dritten Viertel des dreizehnten Jahrhunderts Menschenköpfe als Konsolen eines Bogen frieses, im Innern Kapitelle mit Pferden, Drachen, Greifen, Palmetten und zwei schöne Gewölbeschlußsteine, eine Marienkrönung und ein Sonnen- oder Blätterhaupt. Das Großmünster auf dem rechten Limmat- ufer hat im Langhaus und am Nordportal figürliche und ornamentierte romanische Kapitelle, hoch oben am Nordturm ein Reiterrelief aus der zweiten Bauetappe 1227 bis 1278, in einer Nische des Südturms die Sitzfigur Karls des Großen, bis zu den Knien im altertümlichen Falten wurf der hohen Gotik, oberhalb in glatter Rüstung und Formen des ausgehenden fünfzehnten Jahrhunderts. Der romanische Kreuzgang ist 1840 nach den verwitterten Originalen erneuert worden; mit den vor der Erneuerung aufgenommenen Abbildungen zusammen vermag der heutige Zustand eine Vorstellung des plastischen Reichtums und der gedrungenen Kraft des Werkes zu vermitteln. Hauszeichen in reizvoll sauberer Steinhauerarbeit finden sich von 1545 und 1547 im Flur des Hauses zum Napf - ein Doppelwappen unter Schriftband - Napfgasse 6, und an den Häusern zum Kleinen Löwenstein - ein alter Löwe aus der Höhle nach seinen Jungen blickend - Münstergasse 7, und Zur Kerze Rüdenplatz 2; am Leopard, Strehl- gasse 14, und am Goldenen Lamm In Gassen 13, einfache, kräftig model lierte Tierfiguren; reicher und mehr gegliedert sind das Steinerne Einhorn von 1598 Strehlgasse 9 und die Barockarbeiten Zum großen Löwenstein von 1606 Münstergasse 3, Zum steinernen Kindli Neu markt 20, Zum Adlerberg 1691; oder der Wilde Mann von 1615, von der Unteren Zäune, jetzt im Schweizerischen Landesmuseum, wie die ein Jahrhundert ältere italienische Marmormadonna vom Weißen Fräulein an der Oberen Zäune.