Die Tafel des Museo Poldi Pezzoli, die von Venturi (311, VII, I. Teil, S. 478) für ein Werk des Fra Carnevale gehalten wurde, stellt nicht, wie gewöhnlich angenommen, den Heiligen Thomas von Aquino sondern den Heiligen Nikolaus von Tolentino dar. Da sich die Ausführung des Altars wahrscheinlich über mehrere Jahre hinzog, zeichnet sich das Bild in Mailand dem offenbar früher entstandenen Apostel der Sammlung Frick gegenüber durch größere malerische Reife aus, Es gelingen ihm fast modern anmutende Wirkungen, wie etwa der Farbgegensatz zwischen Vor- und Rückseite des umgelegten Gürtels auf dem dunkeln Tabakbraun der Kutte (Longhi, 187, 8.100, 188 ff). Die malerische Verfeinerung beeinträchtigt jedoch in keiner Weise die turmhafte Wucht, mit der dieser Pfeiler der Kirche in den Raum gestellt ist, groß- artiges Beispiel der ruhig-feierlichen Kunst des Meisters. Luca Signorelli Geboren in Cortona um 1450, dort gestorben 1523. Mitarbeiter und N achfolger von Piero della Francesca, trat er auch in Verbindung mit dem florentinischen Kunstkreis und besonders mit Antonio Pollaiolo. Von diesem übernahm er das Gefühl für den energisch gespannten Umriß, der, die Gelenke klar und heftig artikulierend, alle Bewegungsmöglich- keiten des menschlichen Körpers in sich enthält. Bei solcher Neigung geriet er aller- dings zuweilen in Konflikt mit Piero della Francescas Bestreben, ein Bild zu einer Harmonie ruhig-klarer Volumen zu machen. Doch besitzt Signorellis Kunst, wenn auch manchmal herb und rauh, eine plastische Gewalt, die sich am großartigsten in den Fresken mit den Geschichten des Antichrist und des jüngsten Gerichtes im Dom von Orwvieto ausspricht. 621 DER GLAUBE Holz 47X 88 Mailand, Museo Poldi Pezzoli, Nr. 473 Nach Berenson (32, S. 750 ff.) bildete dieses Bild zusammen mit einer Reihe weiterer alle- gorischer Darstellungen, zu denen der Alexander der Sammlung Cook in Richmond und der Tiberius Gracchus des Museums Budapest gehören, eine dekorative Einheit. Er nimmt an, daß Signorelli bei der Ausführung durch den sogenannten Griseldis-Meister unterstützt worden sei, einen Sienesen der drei Cassone-Bilder aus der Geschichte der Griseldis in der Londoner National Gallery gemalt hat. Dieser hätte bei dem Bild des Glaubens den Hintergrund und das andere Beiwerk gemalt, während die Hauptfigur von Signorelli selbst wäre. Sandro Botticelli Geboren in Florenz 1444/45 als Sohn des Mariano Filipepi, gestorben 1510 ebenda. Schüler des Fra Filippo Lippi, dann unter dem Eindruck der Künstler Andrea del Castagno, Verrocchio und Antonio Pollaiolo, schuf er wahrhaft dichterische Werke, in denen die Iinie in melodischem Rhythmus klingt. Tätig vor allem in Florenz und in engem Kontakt mit dem Hof und dem Kulturkreis der Medici, ist er die bedeutendste 2920