den Verlegenheitsnamen Pseudo Boccacecino beilegte, scheint stilistisch von Bramantino her zu kommen und sich auf Solario und Boltraffio hin zu entwickeln. Auch Beziehungen zur venezianischen Kunst der Vivarini, Cimas und sogar (Hiorgiones sind zu spüren. Ob der Meister tatsächlich mit Giovanni Ayostino da Lodi identisch ist, scheint heute noch zweifelhaft, 706 BILDNIS EINES JÜNGLINGS Holz 42 X 53 Mailand, Privatbesitz Von Gabrielli (119, 8. 568) als Spätwerk des Bramantino betrachtet. Doch scheint die Zu- schreibung an Pseudo Boccaceino einleuchtender durch stilistische Einzelheiten wie die charak- teristische Verkürzung der Hand, die scharf geschnittenen Gesichtszüge, die leichte Dre- hung des Oberkörpers, welche von den weiten Falten des Kleides und des Mantels begleitet wird. Das Licht, das im goldenen Haar spielt und über die Blässe des Gesichtes flutet, unter- stützt den ruhigen Bildaufbau. Ercole Roberti Geboren in Ferrara um 1450, gestorben daselbst 1496. Er war der Schüler von Francesco del Cossa, mit dem zusammen er an den Fresken des Palazzo Schifanoia arbeitete und dem er auch nach Bologna folgte. Von Tura, dem sein frühes Schaffen ebenfalls verpflichtet ist, unterscheidet sich Roberti durch die subtilere Eleganz und Erlesenheit der Linie. Unter dem Eindruck der venezianischen Malerei, besonders Giovanni Bellinis, gelanyte der Künstler von der metallisch-kühlen und spröden Farbgebung Ferraras zu wärmeren und volleren Farbharmonien. Im Vergleich mit der gequälten Ausdruckskunst Turas erscheint ein Werk wie das 1480 für S. Maria del Porto in Ravenna gemalte Altarbild, heute in der Brera, von neuem humanistischem Geist erfüllt, der sich in der feierlichen Ruhe des Bild- aufbaus und in der weichen Verschmelzung des Lichts mit den weiten Farbflächen aus- drückt. In den späteren Werken Robertis, der 1486 als Nachfolger Turas Hofmaler des Hauses Este geworden war, mildert sich die herbe Abstraktion seiner frühen Bilder durch verfeinerte Behandlung des Lichts und der Luftperspektive. 707 MARIA MIT DEM KIND Holz 42 X 65 Mailand, Privatbesitz Unveröffentlichtes Werk aus den letzten Jahren des Künstlers, verwandt mit der Altartafel von 1480 in der Brera und der Maria mit dem Kind der Sammlung Beckerath in Berlin (Abb. bei Longhi, 182, 8. 67). Die Handschrift des Ercole läßt sich besonders in der eckigen Zeichnung des Schleiers erken- nen, dessen eisiges Weiß die geometrische Form des Madonnenantlitzes umrahmt, ferner in den nervösen, knochigen Händen, im Emailton des granatroten Mantels und in dessen Kon- trast zum dunkeln Grün des Mantelumschlags, 955