Nazaro e Celso in Breseia bestellt, wo es sich heute noch befindet. Die Ausführung des Auf- trags zwang den Künstler, die Arbeit an den Bacchanalen (heute im Prado in Madrid) für den Herzog Alfonso I. von Ferrara zu unterbrechen, was den Zorn des Herzogs erregte. Für die Aufteilung des Altarbildes in mehrere Tafeln nach dem aus dem Mittelalter überlieferten Schema des Polyptychons gibt es kein anderes Beispiel im erhaltenen Werk Tizians; sie geht möglicherweise auf einen Wunsch des Bestellers zurück. Dieser Trennung zum Trotz hat der Künstler eine einheitliche Wirkung zu erreichen gewußt, indem er das Licht von einer einzigen Quelle ausstrahlen läßt und die Figuren der unteren drei Tafeln zu einer Dreieckgruppe zusammenfaßt, die ihren Scheitelpunkt in der bewegten Gestalt Christi hat. Zeitlich gehört der Altar zwischen die Tafel des Museums von Ancona und die Pesaro-Madonna in der Frarikirche in Venedig, mit denen es im Stil verwandt ist. Zu den glücklichsten Erfin- dungen des Meisters gehört der Verkündigungs-Engel mit dem silbrig leuchtenden Gewand, Vorbild für ähnliche Gestalten Savoldos. Das kraftvolle Bildnis des Stifters Averoldi erinnert an das des Alvise Gozzi auf dem Altarbild von Ancona. Der von den Zeitgenossen sehr bewun- derte Heilige Sebastian, für den es Studienzeichnungen im Städelschen Institut in Frankfurt und im Kupferstichkabinett von Berlin gibt, verrät in der qualvoll bewegten Drehung seines Körpers Kenntnis Michelangelos und antiker Plastik, besonders des Laokoon (Fogolari, 106, S. 45 ff; Morasi, 216, 8. 448 ff). A. Venturi (311, IX, Teil III, S. 260 ff) unterstreicht beson- ders die dramatische Lichtführung, welche den auferstehenden Christus aus dem Dunkel zer- rissener, von Lichtscheinen durchbrochener Gewitterwolken hervortreten läßt. Auf dem Land- schaftshintergrund zeichnen sich im Gegenlicht mit prachtvoll malerischer Wirkung die Krieger- gestalten ab. Links antwortet das Blitzen der Rüstung und die freudige Helle des Verkün- digungs-Engels. Ausgestellt 1935 an der Tizian-Ausstellung in Venedig und 1946 an der Ausstellung Malerei in Brescia vom 13. bis zum 19. Jahrhundert als Nr. 118 (243, 8. 119). Jacopo d’Antonio Negretti, genannt Palma Il Vecchio Geboren gegen 1480 in Serinalta bei Bergamo, gestorben 1528 in Venedig. Seine ersten Werke zeigen, wie der Künstler, der sich anfänglich an Carpaccio gebildet, allmählich zu einem gemäßigten Giorgione-Stil übergeht — eine Wandlung, die ihn, zusammen mit ihm stets anhaftenden provinziellen Zügen, in bezeichnende Parallele zu Previtali bringt. In Venedig, wo er seit 1510 nachgewiesen ist, nähert er sich bald dem jungen Tizian und lernt von ihm Weite der Farbfläche und Würde des Aufbaus. Doch in Palmas viel enger begrenzter Kunst verliert sich der heroische Klang von Tizians Humanismus, und an seine Stelle treten Formen von ruhiger und gesammelter Pracht, deren Fülle ein sattes, kom- paktes Kolorit durchdringt. 731 SACRA CONVERSAZIONE Holz 99X71 Bergamo, Galleria dell’Accademia Carrara, Lochis, Nr. 63 Der Künstler nimmt hier, nicht ohne gelegentlichen Hinblick auf Cima (Spahn, 294, S. 67), das Schema von Giambellinos späten Heiligengruppen in Halbfigur wieder auf, überträgt es aber in weichere, gelockerte Formen. Palmas warme, weiche Farbe entfaltet sich im breiten Fließen der Fleischpartien und Stoffe, das schon ein Vorklang der bekanntesten Schöpfungen des Malers, wie der „Drei Schwestern“ in Dresden, ist (Venturi, 311, IX. Teil, III, 8. 396). 267