steigern. Erinnern wir uns hier des zornentbrannten, unheilvoll drohenden Gesichtes des „Fluchengels‘“, das in Wirklichkeit gar nicht erkennbar ist! Heinrich Altherr ist seiner Lebtage vom schnurgeraden Wege seiner Gesinnung als Mensch und Maler nicht abgewichen. Er ist einmalig. Er folgte dem von seinen Visionen vorgezeichneten Weg, ohne ihn und sich jemals im Wirrsal der Richtungen zu vergessen, Strömungen, mit denen er sich wohl auseinander- zusetzen hatte, die ihn jedoch nicht abzulenken vermochten. Kein anderer Schweizer Maler ist in gleichem Maße der Syn- these, der Einheit von Bildidee, Form und Farbe nachgegangen wie er, die allergrößten eingerechnet. Züge, die dem Geschmack unserer Zeit entgegenkommen und dem unproblematischen Bürger gefallen, sucht man bei Altherr umsonst. Im Gegenteil möchte man Altherrs Bilder als unbequem bezeichnen, weil sie den Be- schauer zwingen, sich mit Hintergründigem zu befassen. Man hat an ihnen keine spontane sinnliche Freude. Obschon man nur langsam in sie eindringen kann, findet man in ihnen Er- bauung. Ist es anders bei Giotto, bei Rembrandt, bei Marees, bei Picasso? Der Dichter Wilhelm Schäfer schrieb kürzlich, indem er Hodler und Altherr miteinander verglich, folgende ausgezeichnete Worte: «Auf zweierlei Weise geht der Weg dieser beiden souveränen Künstler auseinander: zum ersten löste sich Hodler immer bewußter vom Male- rischen ab, um die Zeichnung zur Grundtatsache seiner Komposition zu machen; zum andern steigerte er sich in eine Farbigkeit hinein, die alles Tonige zugunsten ihrer Ungebrochenheit verließ. Vom Helldunkel blieb kalt-warm übrig. Altherr blieb dem Helldunkel treu, wie er es von seinem Ahnherrn Rembrandt in sich trug; ja, er steigerte es auf Schwarzweiß mit karg aufleuchtenden Farben. Aber in dieser Uebersteigerung gewann er ein Mittel, das seine Malerei von aller andern auf den ersten Blick unter- scheidet ... Ohne Ausnahme sind seine Bilder Visionen, in denen das Leben sich als Licht aus dem Dunkel erhebt.»