müssen, — und schrieb nun in wenigen Wochen den ersten Teil von „Lienhard und Gertrud” mit seinen hundert Kapiteln: lebensvolle Bilder, die das Schicksal eines vernachlässigten Dorfes schilderten. Ein Zürcher, der wie Füßhli einst voll Spannung den mahnenden Worten Bodmers lauschte, ist in Pestalozzi aufgebrochen, um aus patriotischen Gründen einem vernachlässigten Teil des Volkes zu helfen. Das Bodmer-Füßhli-Bild und Pestalozzis „Lienhard und Gertrud” gehören zusammen: es sind beide Zeugen des Auf- bruchs, Dokumente von „Sturm und Drang”. Eine neue Zeit kündet sich an; sie findet Zürich nicht unvorbereitet, Vor Rousseau hat schon Salomon Geßner in seinen Bildern und in seinen Idyllen Naturverbundenheit gepriesen, Einfachheit gepredigt und die Schönheit des Landlebens gerühmt. Arkadiens Hirten wurden den Zürchern der Rokokozeit als Vorbilder hingestellt. „Fern vom Getümmel der Stadt, wo dem Redlichen unausweichliche Fallstricke” drohen, wünscht sich Gehner ein kleines Landhaus, um da „unbeneidet und unbemerkt sein Leben ruhig zu wandeln” ... Diese Wünsche Geßners sind auch Pestalozzis Wünsche geworden, Sie haben wohl mit dazu beigetragen, daß sich Pestalozzi der Einsamkeit des Birrfeldes zuwandte. Auch das hat seinen Sinn, daß hinter Bodmer und seinem selbstbewußten einstigen Schüler eine antike Büste steht, so wie im Porträt des Stadtarztes Hirzel die Büste Catos zu sehen ist, und so wie die Büste Heideggers, die gegenwärtig im Helmhaus aufgestellt ist, den Zürcher Bürgermeister einem römischen Konsul gleich erscheinen läßt. Man stellte dem Stadtvolk der Rokokozeit die Antike entgegen. Der Römer der ersten Republik, der vom Pfluge weg an die Staats- geschäfte ging und von diesen wieder zum Pflug zurück- kehrte, wurde in Hirzels Buch über den philosophischen Bauern Kleinjogg den Zeitgenossen als Vorbild gepriesen. Der Bauer zieht in die zürcherische Literatur ein: der sieben- jährige Krieg (1756—1763) hat das Seine dazu beigetragen. 6