in diesem Bilde z. B. Himmel und Wasser durch eine Li- nie, welche die beiden Bildflächen eindeutig zur Yın-Yang- Figur formen. An Stelle des weißen Poles im dunkeln Him- mel setzt er den Fuji. So ist jedem Asiaten sofort einleuch- tend, daß dem Bilde tiefere Bedeutung zukommt und daß es um das Leben selbst geht. Daß wir auch ohne Symbolik in die Tiefe dieses gewaltigen Bildwerkes eindringen kön- nen, scheint mir Fritz Burger in seiner Einführung in die Probleme der Malerei der Gegenwart sehr schön zu sagen: «Hoch bäumt sich die Welle in mächtigen Linien empor, der Schaumkamm bildet phantastische Formen, wie Fangarme und Kral- len, die gierig nach unten drängen, um über die noch schäumende, ge- stürzte herzufallen und dasselbe Schicksal der Vernichtung zu er- leiden. Über den Toten der Triumph des Lebens und das Leben ver- fallend dem Tod. Der große Rhythmus alles Geschehens beschäftigt den Japaner ebenso wie Cezanne. Die gestürzte Woge selbst, aus den horizontalen Konturen sich entwickelnd, enthält bereits in allgemeinen Zügen die Silhouetten der großen Welle darüber. Man mag die tief- sinnige Symbolik dieser Schöpfung noch so hoch einschätzen, in erster Linie ist es doch die wunderbar scharfsinnige Präzision in dem sinn- lichen Aufbau, die den künstlerischen Wert ausmacht; in der Unfehl- barkeit dieses Rechnens liegt der Reiz und Wert des Bildes. Denn die sinnliche Einheit schließt auch die geistige in sich, diese wird nur durch jene sichtbar. Nicht darauf kommt es an, was man in dem Bild deuten soll, sondern was man in ihm von sinnlichen Zusammenhängen er- kennen kann. Die Handlung des Bildes ist hier dem formalen im- manent.» Stellten die japanischen Meister den Menschen als Li- nienkomplex in den Vordergrund und ordneten die Land- schaft diesem zu, so ordnet nun Hokusai umgekehrt den Menschen als Teil der Natur in das harmonische Linien- gebäude der Landschaft ein, ja auf einigen Fujibildern läßt er sogar die Natur ganz allein sprechen. Ein Bild, wie etwa der Fuji bei schönem Wetter, ist nur noch ein einziger leuchtender Farbenakkord, so sonor und tief, wie ihn kein europäischer Künstler je gefunden hat. Finden Sie nicht auch, daß man ob solchen großartigen Darstellungen ganz vergißt, daß es nur Drucke in der Größe einer Buchseite sind? Nach den Fujibildern erschie- 17