Corbusier ist mehr als dreißigjährig, bis er für das, was in ihm lebt, den Ausdruck finden kann. Von nun an setzt jene Produktivität ein, die pausenlos bis heute weiterfließt und auf dem Gebiet der Architektur, der Malerei und des Bücherschreibens jeweils ein Lebenswerk umfaßt. Diese Produktion setzt mit angestrengter malerischer und literarischer Tätigkeit ein. 1920: Gründung der Zeitschrift «L’Esprit Nouveau», aus der die wichtigsten seiner Bücher herauswachsen sollten. 1922 Beginn der kontinuierlichen Bautätigkeit Corbusiers. Durch den Kampf, der darüber aufgewirbelt wurde, liegt von dieser Zeit an seine Tätigkeit vor aller Augen. Der Maler Jeanneret wird zum Architekt Le Corbusier. — Der Morgen, von dem man sagt, es sei die beste Arbeitszeit des Tages, gehört bis heute der Malerei. Der Nachmittag gehört der Architektur. Die Bücher formen sich zwischen hinein. Kein ruhiges Leben bildet den Hintergrund. Bald ist Le Corbusier in Nord- oder Süd-Amerika, in Rußland oder in Afrika. Die Staffelei wird auch auf dem Schiff aufgestellt und auf Reisen sahen wir ihn eigentlich in keiner Situation ohne das Skizzenbuch in der Hand. Der Maler Jeanneret: Purismus (1918—1927) Purismus. Im Namen liegt die Einstellung: Reinigung! 1918, in ihrem ersten Buch «Apres le Cubisme» geben Ozenfant und Jeanne- ret die Erklärung ab: «wir verwenden die Bezeichnung Purismus, um in einem klar verständlichen Wort das Kennzeichen des modernen Geistes auszudrücken». Wie vor ihnen der tiefe Lyriker des Kubismus Juan Gris, so liebten Ozenfant und Jeanneret Gläser, Flaschen, Schalen, Pfeifen. Gegenstände des täglichen Gebrauchs, denen die Serienherstellung eine gültige Form gegeben hat. Aber an Stelle der warmsamtenen Farbenskala des Juan Gris mit ihrem schweren Auftrag von Schwarz, milchigem Grün, dunklem Braun trat, besonders bei Jeanneret eine fast Louis-XVIhafte Aufhellung der Skala ins Hellblau, Ocre, Rosa, Flaschengrün, oder leuchtendes Braun. Es geht von ihnen eine frische Jünglingshaftigkeit und Zuversicht aus, wie kaum von andern Bildern der Zeit. Mögen Ozenfant und Jeanneret im Esprit Nouveau versichern, diese ein- fachen Gegenstände nur gewählt zu haben, damit die Aufmerksamkeit der Beschauer nicht durch das Motiv abgelenkt werde; der Historiker kann darin keine zufällige Wahl sehen. Es ist kein Zufall, daß Le Corbusier zuerst in der €