nach seiner Auffassung im Bild wiederzugeben und damit lebendige Kunst zu schaffen. Mit Verwendung auch uns geläufiger Worte, in dem aber für seine Zeit geltenden oft engern oder weitern Sinn, verkündet er im Au- gust 1861 am Kunstkongreß in Antwerpen: ;,Der Grundsatz des Realismus ist die Verneinung des Idealen, zu der ich durch meine Arbeit in fünfzehn Jahren hingeführt worden bin, und für die bis heute kein Künstler entschieden einzutreten gewagt hat. Das Be- gräbnis von Ornans ist in Wirklichkeit das Begräbnis der Romantik und hat von dieser Schule nur bestehen lassen, was allgemeine Be- stätigung des Menschengeistes ist und damit Daseinsrecht besitzt: die Bilder von Delacroix und Th. Rousseau. Im übrigen sind die Romantik wie der Klassizismus ‚l’art pour l’art‘ gewesen. Heute aber müssen wir nach den neuesten Ergebnissen der Philosophie auch in der Kunst vor allem denken und niemals das Gefühl die Logik be- siegen lassen, die Vernunft muß in allem den Menschen leiten. Meine Ausdrucksform ist die endgültige, weil sie allein, bis heute, alle diese Elemente verbindet. Mit der Verneinung des Idealen und dem, was sich daraus ergibt, komme ich direkt zur Emanzipation des Indivi- duums und schließlich zur Demokratie. , Der Realismus ist seinem Wesen nach die demokratische Kunst.“ Die Rede in Antwerpen ist eine Improvisation, ihre Überlieferung ein Zeitungsbericht. Reicher an Substanz und, wenn auch scheinbar hauptsächlich aus Vorbehalten und Einschränkungen zusammengesetzt, im Wesentlichen positiv, ist der Brief, mit dem Courbet am Weihnachtstag 1861 die zu ihm übertretenden vierzig Schüler der Ecole des Beaux-Arts be- grüßt: Er will Künstlern, die seine Mitarbeiter, nicht seine Schüler sein werden, gern darlegen, auf welchem Weg, nach seiner Meinung, man Künstler wird, und auf welchem er selber seit seinen Anfängen sich bemüht hat, es zu werden, und wird bei der Anwendung dieser Methode Jedem die völlige Verfügung über seine Persönlichkeit und die Freiheit einer eigenen Ausdrucksform lassen. Die Gründung eines gemeinsamen Atelier, das an die fruchtbare Zusammenarbeit in den Renaissance-Ateliers denken läßt, wird zweifellos nützlich sein und die Herbeiführung einer modernen Malerei fördern. Es muß aber jeder Künstler sein eigener Lehrer sein, die Kunst ist rein persönlich 44