Norwegische Kunst, alte wie neue, stand seit jeher mit der Kunst des übrigen Europa in Wechselbeziehung. Frisch und wagemutig ist sie an Probleme und Autgaben herange- treten, die die Stunde forderte und jeweils der Zeit das Gepräge gaben. Sie zog Nahrung und Erneuerung, wo sie zu finden waren. Gleichzeitig aber ist norwegische Kunst tief in norwegischer Natur und norwegischem Volksgeist verwurzelt. Wie bereitwillig und geschmeidig die empfänglichen Künstlerseelen sich auch aneigneten und lernten, was ihre Begeisterung und Bewunderung in der Fremde hervor- gerufen hatte, ihr Sinn war doch norwegisch, und ihr Ge- präge und die Stärke ihres Individualismus, die ganze Art ihrer Persönlichkeit blieben an Land und Volk ge- bunden. Wie lange sie auch im Ausland gelebt haben mochten, wie gross ihre Sehnsucht zur Fremde auch war, keiner von ihnen vermochte sich von den Banden zu be- freien, die ihn an die Ursprünge seines Wesens knüpften, die die Bewegtheit seiner Sinne, die Grundlage seiner Begabung, die Voraussetzung seiner Kunst bildeten. Die Fruchtbarkeit dieser Spannung sieht und fühlt man auch bei der Gruppe von Künstlern, die in dieser Aus- stellung versammelt sind. Richtet man seinen Blick auf die norwegische Kunst von den ungeschlachten Tierköpfen der Wikingerzeit und den schönen Holzskulpturen des Mittelalters bis zu der heutigen norwegischen Malerei, so vernimmt man einen bestimmten Ton, eine Eigenart, anderen verschieden, einen Zug, den wir selbst als norwegisch empfinden. Mag sein, dass dieses keine greifbare Dinglichkeit ist, nur ein be- sonderer, rascher Rhythmus, frisch und unverbraucht, jung und wagemutig. %