Es ist nicht immer leicht für ein kleines Volk, hoch im Norden, in einer rauhen und oft ungastlichen Natur, ein reiches und fruchtbares Milieu zu schaffen. Oft genug haben die Künstler in der Ferne suchen müssen, nicht nur neue Ideen zu gewinnen und das reicher pulsierende Leben zu fühlen, sondern des öfteren, um die notdürf- tigsten Kenntnisse zu sammeln, manchmal sogar, das Le- ben aufrecht zu erhalten. Das Land hat mit Freuden und Dankbarkeit diese Hilfe und Ermunterung als einen Zu- wachs zu eigener Kultur begrüsst. Das Gesicht Norwegens ist im Westen dem Meere zu- gewandt. Das Meer hat den offenen Kulturweg nach dem Süden gewiesen. Westeuropa, vor allem Frankreich, hat im Mittelalter die norwegische Kunst befruchtet, wie dies in unseren Tagen wieder der Fall war. Zeitweise aber, ja durch Jahrhunderte, hat die Kunst und Kultur Mittel- europas dasselbe getan. Sie hat der norwegischen Kunst eine Gastfreundschaft gewährt, die einzelnen der grössten Maler des Landes eine notwendige und weiträumige Grundlage gab. Erwähnt sei I. C. Dahl, erwähnt sei Edvard Mundch. Die Begrenztheit und die Ferne der nordischen Lebens- weise hat indes auch ihre Vorteile gehabt. Sie hat die Ursprünglichkeit und Natürlichkeit, die Spannkraft und Unmittelbarkeit in der Kunst gestärkt, die Fähigkeiten angespannt und eine unbewusste, aber lebendige Tradition gefestigt, sie hat auch einer gegenseitigen und weiträu«- migen Verträglichkeit unter den Künstlern Platz einge- räumt. Gesundes und natürliches Wachstum ist ein Merk- mal norwegischer Kunst. Selten hat sie eine feindliche Zerklüftung oder unfruchtbare und lähmende Abschätzung unter den Generationen gesehen. Die Bedeutsamkeit und Sichtbarkeit, die ein kleines Volk notwendigerweise allen auferlegt, die voranstreben wollen, der robuste Vor- wärtstrieb und der lebensnahe Radikalismus, den sie im Gefolge haben, verhinderten Stagnation und förderten den Zusammenhalt. Die Entwicklungslinie der neueren norwegischen Kunst ist daher nicht immer durch deutlich abgegrenzte Etappen LA