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der leuditend rot und gelben kleinen Leserin, dem lichtblauen
studienhaften Bildnis Madame H. und dem in grünem Glanz
gebadeten, gesdtloßenen Monsieur J. H, von 1905,
Der spätere Vuillard weitet Stube und Salon, das Städte
gefängnis, durch schiefe oder überhöhte Ansicht, und indem er
die Menschen und Dinge auf der Diagonale oder da und dort
in der Mitte und an den Wänden verteilt, die Leere zwischen
ihnen sichtbar macht; er versetzt die Wände, indem er sie in
Spiegeln vervielfacht und entrüdct, und öffnet den Innenraum
dem Unbegrenzten, indem er ihn zum Tummelplatz des Lichtes
macht, das, oft aus widerstreitenden Quellen, in ihm strömt und
wogt. Die schon etwas verzwickte «Partie de dames» von 1906,
eine zweite «Après=midi bourgeoise» neben der von Bonnard,
und von wie anderem Humor, mit dem Tief blick auf den flockig
grauen Hausplatz, die drei Damen, die in Reih und Glied
Siesta halten, und die mit muntern Farben ausgestatteten Schach
spieler, dem schiefen Fensterladen und dem vom Rahmen ah=
geschnittenen Rasenstück, leiht etwas von ihrer Spannung auch
dem glitzernden Interieur mit Mutter und Kind vom gleichen
Jahr. Beim «Ehepaar J. H., Rue de Rivoli», wo sie durch die
Distanz zwischen der im Mittelgrund sitzenden hell gekleideten
Frau und dem weit hinten in der dunkeln Türöffnung stehenden
Mann geschaffen wird, kommt noch die weitere Teilung durch
das nach unten weißgelbe, nach oben durch den Schirm rosa
gefärbte Lampenlicht hinzu. Bei der Hutprobe vor dem Spiegel
flutet durch die bis auf den Boden reichenden Fenster hellgrünes
Tageslicht herein und färbt das ganze Zimmer mit allem, was
darin ist, in lilarosa und grün. Die große Leserin sitzt im schief
gestellten Lehnstuhl in himbeerrotem pelzverbrämtem Kleid vor
Wänden, die nur andere spiegeln, und wie die Wände mit
ihrem reichen Bilderbehang, spiegeln sich eine golden strahlende
Lampe auf einem Tisch und, sogar zweimal, eine weiße Decken^
lampe und mischen ihr direktes und reflektiertes Licht, Tag und
Lampe streiten sich im Intérieur «Soir» um einen tiefroten Tep
pich und einen reichen Perser, um das weiß-rosa und grünlich-
rosa Täfer und hohe, kühle Spiegelflächen. Im «Salon» sitzen