8 einer außerordentlichen lyrischen Empfindsamkeit begabt, den geheimsten Regungen der Seele und den undeut baren Beziehungen der Menschen sichtbare Form zu verleihen sich bemühte. Neben der Radierung und dem Steindruck trat jetzt auch der Holzschnitt, der von den Künstlern selbst geübt wurde, als wichtiges graphisches Verfahren in den Vordergrund. Schmitt-Rottluff hat sich seiner mit besonderer Vorliebe bedient und das Natur bild in kühne ornamentale Rhythmen übertragen. Max Pechstein hat in den Schiffern der Ostseeküste wie in badenden Menschen am Strande seine bevorzugten Mo tive gefunden. Erich Heckei kehrte von gewaltsamer Umformung neuerdings zu einer lyrischen Naturnähe zurück. Otto Müller hat knospenhafte Mädchenakte zu zarten rhythmischen Kompositionen vereinigt. Emil Nolde endlich, der Eindrücke des Hamburger Hafens in grossartigen Schwarz-Weissblättern wieder gegeben hat, folgt mit Vorliebe seinem Hange zu freien Phantasien in oft merkwürdig geformten Gestalten. Als Porträtist hat sich Oskar Kokoschka bemüht, das Seelen leben der Menschen in beweglichen Formen zu gestalten. In Dresden, wo die ältere Tradition durch Künstler wie Robert Sterl und Max Feldbaucr in frei gezeich neten Lithographien, die das bewegte Leben zu erfassen suchen, noch jetzt eine starke Wirkung entfaltet, ist heut eine Reihe jüngerer Graphiker am Werke, zu denen so eigenartige Gestalter wie Kretschmar und Otto Lange gehören, die vor allem als Landschafts- radiercr berechtigten Ruf geniessen. Ihnen schliesst sich Böckstiegel an, der mit starken Linien ausdrucksvolle Gestalten in das Kupfer zu ätzen versteht, und Felix- müller, der ebenfalls vor gewaltsamen Verzerrungen nicht zurückschreckt, um heftigen Ausdruck wiederzu geben. Den Dresdener Landschaftern verwandt ist der Rhein länder Franz M. Jansen, dessen einfache Naturanschau ung ihn auf neuen Wegen zeigt, während sein Lands mann, der Düsseldorfer Otto Pankok, auch die Land schaft in gleichsam ekstatische Schwingung versetzt.