6 Man kann aber die Natur mit dem Prügel verjagen, sie ist doch immer wieder da. In allen abstrakten Kunst werken finden sich, wenn nicht direkt greifbare Erden reste, so doch mehr oder weniger offen die Umrisse oder schliesslich noch der Geruch der dinglichen Welt. In den Klebebildern entmaterialisieren sich die Zeitungs abschnitte und andere Rohstoffe nur für Augenblicke völlig zu Farbe und Form. Ozenfant malt zartgetönte Schatten der Dinge. Sieht er mit den Griechen im Schatten die Seele? Und die Farben der Puristen, die aus einem Lehrbuch der Optik, ihre Formen, die aus geometrischen Tabellen entnommen scheinen, haben alle für uns ihren gefühlsmässigen Klang durch die Rück beziehung auf Dinge und Erlebnisse in der organischen Welt, mit denen wir sie halb bewusst oder völlig un bewusst verbinden. Arp verwandelt die organischen Formen in unerhört komprimierte Zeichen. Aber auch die Hieroglyphen behalten neben ihrem neuen Wesen als Schriftbilder den anfänglichen Sinn als plastische Symbole für Dinge, die ursprünglich, und jeden Tag wieder neu, durch das Auge als einfache Körper in uns eingehen. Brücken werden abgebrochen und nebenan neue gebaut. Sehr viele, viel leicht die Mehrzahl der abstrakten, d. h. ihre Gebilde aus der Erscheinungswelt ableitenden, statt einfach über nehmenden Künstler, geben ihren Werken als Inhalt gerade die Spannung zwischen der im Menschen unaus löschlich verwurzelten Vorstellung der gegenständlichen Welt, der täglichen Umwelt, und den neuen Er findungen, die sie aus ihr herausdestillieren. Sie lösen sich aus der Reihe, leben aber nur im Blick nach dem Lande, aus dem sie kommen, und äussern sich als richtige Romantiker in Pathos oder Ironie.