12 zu können. Noch ist er zu sammeln, und ich gebe jedem Liebhaber des Japanholzschnittes den dringenden Rat, aufzukaufen, was immer von ihm erreichbar ist. Ich selbst besitze eine grosse Zahl seiner Handzeichnungen, Vor drucke und Farbschnitte. Die Kunst war schier erschöpft. Sie bedurfte starker Sti mulantia, um nicht als Kunst zu erlöschen. Da trat der «Naturalismus» (wir würden vielleicht sagen: eine Mi schung von Realismus und Symbolik) auf den Plan in der Gestalt des riesengrossen Toshusai Sharaku, des ehemali gen fürstlichen Noschauspielers. Seine gewaltigen Schau spielerbildnisse mit ihren oft grauenvollen Wirklichkeits linien gehören zu dem Grandiosesten, was die Kunst aller Zeiten geschaffen hat. Er war in der Tat ein Koloss, zu gleich ein Meteor, das furchtbar strahlend aufstieg und nach kurzer Zeit versprühte. So tragisch, wie ich es früher glaubte, ging sein Leben nicht zu Ende: Wir wissen seit kürzester Zeit, seit vor zwei Jahren sein Grab entdeckt worden ist, dass er, nachdem er den Malerpinsel wegge worfen, wieder Noschauspieler geworden ist. Aber es war doch tatsächlich tragisch genug, dass der Unwille seiner Zeitgenossen ihn zum Abschied von seiner gewaltigen Kunst bewogen hat. Sein Erbe führte der bekannteste und im Abendland sicher berühmteste aller Meister fort, Katsushika Hokusai (1760 bis 1848), dessen Name bereits der allgemeinen Kunstge schichte angehört. Er war Plebejer durch und durch. Kei ner, wie er, hat die derben Gesichter breiter Volksmassen so verblüffend getroffen. Aber Damen hat er nie zeichnen können. Seine Frauentypen könnten wir entbehren. In der Abneigung gegen die holde Weiblichkeit gleicht er Adolf Menzel, den er aber vielleicht noch an Fleiss, sicher an Fruchtbarkeit übertraf. Tiefe Tragik in seinem Leben! Der Uralte musste oft darben und irrte unstät im Lande umher, ein Oedipus, den seine kunstbegabte Tochter führte. Was ihn für alle Zeiten bedeutend macht, sind seine Skizzen bücher (Mangwa u. a.), in denen er mit Bewusstsein auf