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DIE JUGOSLAVISCHE GRAPHIK
S. F. Die Kunstgeschichte der Jugoslaven, sowie ihre Ge
schichte überhaupt, entbehrt jener notwendigen Kontinuität,
aus der sich jene glückliche Tradition herausbildet, welche die
Grundlage eines fortlaufenden künstlerischen Strebens bedingt.
Wohl pflegte man bereits an den mittelalterlichen Schlössern
Kroatiens und Serbiens eine hoch entwickelte höfische Kunst
und waren die serbischen Klöster bis in die Neuzeit hinein
Mittelpunkte einer regen künstlerischen Tätigkeit, jedoch kam
diese Entwicklung durch die Invasion der Türken zum voll
kommenen Stillstände und die Heimat der Jugoslaven war auf
Jahrhunderte hinaus als Schlachtfeld den sich bekämpfenden
Heeren preisgegeben.
Die einzige Zuflucht fand das künstlerische Schaffen in den
reichen Küstenstädten, welche von den Kriegswirren relativ
verschont blieben, und hier regen sich auch schon zu Beginn
des XVI. Jahrhunderts die ersten Anfänge einer graphischen
Kunst. Leider entwickelten die jugoslavischen Graphiker
dieser Zeit ihre Haupttätigkeit auf italienischem Gebiete,
unter italienischen Namen und nach italienischen Vorlagen,
weshalb sie auch keinen nachhaltigen Einfluss auf das heimat
liche Kunstschaffen hinterliessen, wenn sich auch darunter so
vortreffliche Künstler wie Andrija Medulic, bekannter unter
dem Namen Andrea Meldolla Schiavone (geboren 1503 in
Zadar in Dalmatien, gestorben 1563 in Venedig) befanden.
Auch die Tätigkeit einer Stecherschule des krainischen Frei
herren v. Valvasor im XVII. Jahrhundert blieb ohne Nachhall;
nun bilden die Werke dieser Schule den Grundstock der Gra
phischen Sammlung der Universitätsbibliothek in Zagreb, als
Zeugnis einer verflossenen Epoche. Ebenso blieb die Tätig
keit einiger vereinzelter Künstler des XVIII. und zu Beginn
des XIX. Jahrhunderts ohne tiefere Nachwirkung, obgleich
sich darunter mehrere sehr namhafte Graphiker befanden, wie
Franc Kavcic, Pavao Vitezovic und der vortreffliche Schüler
Rahls Anastasije Jovanovic, welcher sich im damaligen Fürsten-
tume Serbien mit Aufopferung darum bemühte, ein Interesse
für die graphische Kunst hervorzurufen und eine Anzahl aus
gezeichneter lithographierter Porträte seiner Zeitgenossen
schuf, die nicht nur einen geschichtlichen Reiz haben.