5 WILHELM BALMER Aua der Einleitung zum Katalog der Berner Gedächtnisausstellung, von E. KREIDOLF. Wilhelm Balmer zählte in den 80er Jahren des vorigen Jahr hunderts (anno 1885 war er 20 Jahre alt) zu den glänzendsten Talenten der Münchener Kunstakademie. Zuerst bei Hackl zeichnend, dann bei Löfftz in der Malschule hatte er grosse Erfolge. Viele seiner Studien waren damals schon technische Meisterleistungen, Einige davon wurden von der Akademie angekauft und hängen jetzt noch als Vorbilder in den Klassen. Der weibliche Halbakt Nr. 50 ist eine dieser Studien. Zarteste Abtönung von Hell bis ins tiefe Halb dunkel, in der Löfftz die Darstellung des menschlichen Körpers lehrte, beherrschte Balmer am Schluss seiner Akademiezeit voll kommen. Er behielt diese Malweise bei, die ganzen 90er Jahre hindurch, vertiefte sich aber im Geistigen und Psychischen. Eine Reihe trefflicher Bilder sind in jenen Jahren entstanden, Nr. 4, 10, 11. Später, in der Florentiner Zeit (1902— 1908), wurden seine Bilder heller und, wie es der Zeitgeschmack mit sich brachte, son niger, ausgesprochener in den Farben, kecker und frischer im Vortrag. Nicht wenig dazu trugen die Frühitaliener bei, die Balmer sehr bewun derte und von denen er auch einige kopierte. Beispiele aus dieser Periode sind Nr. ' 7, 20, 26, die zum Besten gehören, was er gemacht hat. Die grosse Leichtigkeit seines Arbeitens, die Fähigkeit, jedes Gesicht im ersten Wurf sogleich zu treffen, führten Balmer ganz selbstverständlich früh schon ins Porträtfach. Da entfaltete sich seine Haupttätigkeit sein ganzes Leben hindurch. Aber auch die Landschaft zog ihn stark an. Es gibt Skizzen und ausgeführtere Landschaftsbilder in grosser Zahl aus allen Ländern, die er bereist hat. Viele davon sind in der Ausstellung zu sehen. Und in allen Techniken hat sich Balmer versucht: Oel, Tempera, Kohle, Bleistift, Pastell, Farbstift, Lithographie, Radierung, überall Vollendetes schaffend. Die Landsgemeindebilder Weltis malte er in Fresko an dieWanddes Ständeratssaales. Studienköpfe dazu Nr. 113, 114. Seltener sind Kompositionen. Immerhin gibt es eine Anzahl solcher: Kinder friese, Paradiesgärten mit Feen und Amoretten, Akte in Landschaft, viele radierte Gelegenheitskarten, Exlibris etc., auch Plastiken (die Büste seines jüngsten Sohnes ist ausgestellt). Und noch etwas, das Balmer gern ab und zu pflegte, war das Kopieren alter Meister. Von Basel, München, Paris, Holland, Eng land, Italien, Spanien brachte er Kopien mit, aus denen ein ausser ordentliches Verständnis und Sicheinlebenkönnen in andere Kunstart spricht. Der freie Vortrag, der ihm die vollständige Beherrschung des Technischen ermöglichte, gibt manchen dieser Kopien den Reiz von Originalen.