XI düng gelöst für sich Einheit und Kleinod ist. Die glatten Bretter werden seine Träger, es entwächst der dienenden Bestimmung, wird mehr als Schmuck, wird selbst ganz zum Altar. Es wächst über sich selber hinaus, geht mit der Zeit und antwortet rascher und ge schmeidiger den wachsenden und wechselnden Wünschen des Jahrhunderts, als flache Wandgemälde dies vermöchten. Die Welt dringt in das Bild; die malerische Form wird frei, um nun auch vom Altar in die profane Welt hinaus zu dringen. Für das Bildnis ist der Weg vom Stifterporträt des Altarbildes schon längst gebahnt. Wer irgendwie mit Forderungen von außen her der Aus stellung sich nähern will, dem steht, abgesehen von reinen Spe zialistenfragen, kaum ein anderer Zugang offen als die Frage nach ihrer Bedeutung für die Geschichte des Tafelbildes. Auf diese Frage werden ihm die Bilder Antwort geben, wertvollere als das klügste Buch und die bestgeordnete Photographiensammlung; weniger über die Geschichte der Malerei, denn Wandmalerei, Buch malerei, Glasmalerei, Zeichnung, Graphik und Teppichwirkerei sind ja ausgeschlossen; noch übler wäre jemand beraten, wenn er sich nach der Ausstellung schlankweg seine Vorstellung von mittel alterlicher Kunst bilden wollte. Ergiebiger und sicherer als allzu rasches Fragen ist aber wohl überhaupt vorerst die Durchdringung von innen her, die „Ein fühlung“ in das einzelne Werk. Diese Art der Betrachtung wird ganz besonders der Sammlung der zwischen die Bilder gestellten dreißig Skulpturen und dem, der sich mit ihnen beschäftigt, zugute kommen. Bis an einige wenige aus ausländischem Privat besitz stammende^ Prunkstückeiji gehören sie schweizerischen Museen und wirken eher unscheinbar, wenn man sie an der Be deutung berühmter Stücke in deutschen Sammlungen mißt. Für sich allein genommen enthüllen sie bei äußerer Beschränkung eine ähnliche Gesundheit und Sicherheit in Aufbau und Ausdruck wie manche der schweizerischen Bilder der Ausstellung und leiten in ihrer Bescheidenheit doch auf geradem Wege in das Gebiet, auf dem auch die großen und einmaligen Werke wachsen. Und Weg zum Reiche der absoluten und zeitlosen Kunst ist ja auch diese ganze Ausstellung „alter Kunst“.