3ürcfyer Jaurtftfyaus, Bibliothek
Seichnungen von Heinrich Süjjft
2tusftelluug 2lpftl=)1Tai 1913.
Johann &einrid? Süfjli (1741—1825) ift bcr ITTalcr größten Stils, 6cn
3ürid? f?crnorgebrad?t f?at; 3iigteid? ein Pertreter jenes 3Ürd?erifd?en (Belehrtem
unb Jftünftlertums bes ausgehenben IS. 3al?rf?unberts, rote es fid? in perföntief?'
keiten non ber Art ber Bobmer, Breitinger, (Seiner, £anater ausprägt.
(£r tnar ber Sof?n bes Bilbnismalers, Aatfd?reibers, 3eid?entef?rers unb
Jäunftfcfpriftftcllers Jofyamt itafpar Süftli in 3ürid?. Als überaus berocglid?er
unb leiert auffaffenber ilnabe unb Jüngling lebte er fid? in ber arbeitfanten
2lbgefd?toffenf?eit bes (Tlternhaufes fd?ou früf? in bas ausgebef?nte 3ntereffcn=
unb Arbeitsgebiet feines Paters ein unb nertiefte fid? ernftf?aft in llaturmiffen=
fd?aften, alte unb neue Citeratur im meiteften Umfang, JRunftgefd?id?te unb felb=
ftänbige Jftunftübung. 2lls £ateinfd?üler ermirbt er fid? mit frei komponierten
3eid?nungen unb gan3en Jliuftrationsfolgen fein <Iafd?engelb. Heben 3. cC. £a=
nater mar er ber Sd?üler Bobmers, ein Bcmunberer unb 1Tad?af?mcr Jälopftocbs,
ein Anhänger ber £ef?ren Houffeaus. Bobmcr nermittelte if?m bie Bekannt'
fd?aft mit bent TPintcrtf?urer pf?itofopf?en unb Sd?ulmann 3. (ö. Sul3er, unb
Süjjli mof?nte naf?e3U ein 3af?r lang bei if?m in Berlin. Pen (ßebankett einer
theologifcf?en £aufbaf?n gab er auf, befcf?äftigte ftef? aber nod? normiegenb mit
literarifcf?en Sragen; mit Jftunft ebenfo fef?r tf?eoretifcf? als praktifcf?. lieben
eigenen 3eid?nerifd?en planen mürbe in Berlin bie Slluftration einer prad?taus'
gäbe non Bobmers „lToad?ibe'' begonnen. 3m Sinne Bobmers reifte Süftli im
5rül?jal?r 1764 als künftiger Permittler 3mifd?en beutfd?er unb engüfd?er (Selef?r=
famkeit unb däunft nad? (Engtanb. Per mit Sul3er befreunbete cnglifd?e (Befanbte
fü(?rte if?n in bie £onboner (öcfelifd?aft ein. Süfjli veröffentlichte uorerft
eine englifd?e 2lusgabe non IPinckctmanns „(Schänken über bie llad?af?ntung ber
griecf?ifd?en TPerke in ber lllalerei unb ber Bilbf?aucrkunft" unb erftattete nad?
nerfd?iebenen Seiten Bericht über bas literarifd?e £eben in (Englanb. Später
mürbe er <Sefellfcf?after unb <£r3ief?er im &aufe eines £orb TPalbegrane. Pie
neue Stellung geftattete i(?m, fid? eifriger auf IPeiterbilbung im 3eid?nen 3U
legen. 2luf einer Heife burd? Srankreid?, mit langem 2luf ent halten in £i?on
unb (Tours, trennte er fid? aber non feinem 3ögling unb kel?rte allein nad? £onbon
3urück, um feine frühere Befd?äftigung mieber auf3unel?men. 1767 erfd?ien anonpnt
feine Streitfd?rift: „Hemarks on tf?e TPritings & conbuct of 3. 3 Houffeau" mit
allegorifd?em (Titelblatt non feiner &anb. 3n biefen 3af?ren fanb bie Perbinbung
ber JRünftler £onbons als „2Ioi?al Acabemi?" bie königliche 2lnerkennung unb
Protektion. Pamit mürben üunft unb Hünftler äufjertid? gefeftigt unb gefeit'
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fchaftlid? gehoben. (bitter ber (Srünber bcr Akabemic, ber Sdfaffhaufer <Solbfd?mieb
J. Wofer, mar Süßlis Sreunb, uub bicfer magte es nun, mit feinen Werken aud?
f?cruor3utreten. (Tr unterbreitete eine An3af?t Zeichnungen unb Habicrungen bem
Präfibenten ber Akabemie, bem bamats fd?on berühmten Hepnolbs. Hepnolbs
fotl fid? ausgesprochen fyaben: Wenn er in 5üßlis Alter märe unb bie gleiche
Sicherheit, berartige Werke 311 fd?affen, befifjen mürbe, unb if?m jetnanb ein
Jaßrgetb non 1000 pfunb anbieten mürbe unter ber Bebingung, baß er auf
bas Malen 3U veqidpten f?nbe, fo mürbe er bas Angebot ausfd? tagen. Unb in einem
Briefe nom 6. Mai 1768 fdfreibt 5üßli nad? Zürich: „Unt ber größte Maler
meiner Seit 3U fein, fyabe id?, fagt Hepnolbs, nichts 3U tun, als für ein paar
Jaf?re nad? Jtalien 3U gef?en."
(bin Perfud? in (Dclmalerei, Jofepf? als (Traumbeutcr, fanb bie gleiche am
erkennenbe Beurteilung burd? Hepnolbs. 5üßli 3eid?nete unb matte fieberhaft,
um fid? bie JTTittet für Heife unb Aufenthalt in Hom 3U ermerben. (Segen (bnbe
bes Jahres 1769 oerlor er burd? Seuer fein gan3es ßab unb (Sut, feine Büd?er,
Bilber unb Zeichnungen, fieben überlebensgroße (bntmürfe 3U Apofteln unb (Evam
geliften für kirchliche (Slasgemälbe, für bie ihm eine größere Summe 3ugefagt
mar. Mit ber läitfe engtifcher Sreunbe unb bank angeftrengtefter Arbeit non
Weil?nad?ten bis 5rüf?jal?r konnte er im April 1770 bennod? bie Heife antreten.
Zukunftfroße Spannung unb 3uverfid?tli<hftes Setbftnertrauen klingen aus ben
Briefen, mit benen er in biefer Zeit ihm kleinlich erfd?einenbe Zumutungen unb
Pormürfe aus bem Greife feiner Zürcher Sreunbe 3urückmeift. So fefpreibt er
an Cavater:
„Jd? finbe mid? meber gefd?ickt no<h aufgelegt (unb bie Wahrheit fage ich)
Phpfiognomien 3U 3eid?nen, movon neune auf ein (Suartblatt gehen. Die Jlias
in eine Tiußfd?ale 3U 3eid?nen, ober ben Wagen unb bie Hoffe (Jlias auf einem
Mückenflügel aus3umaten — überlaffe i<h bem feelenvollften Zeid?ner (Tu=
ropas. Jd? brauche Haum, _feöl?e, (Tiefe, Cängc. (Errege einen Sturm in einem
Weinglafe, ober meine über eine Hofe mer ba mitl, ich kann 65 Tticht. Den
Paffionen Cebruns meiß ich nnd? wicht 3n folgen — benn bie paffionen
fißen mir nicht — unb mürben aud? keinem anbern als einem parifer fügen."
Dein Per langen braucht fo überfd?mänglid? viel, baß fi<h bas halten an
bem Bettetftabe ficht, ehe cs anfängt 3U 3ahten — ich mochte aber bod? 3ahlen,
unb menn es fein könnte, in meiner eigenen Münge. Zeige mir einen Weg,
mie id? ohne Deine großen Jftöften eine Holle non Zeichnungen etc. auf pergamo
(3uin menigften) Dir 3ufd?i<ken könne — unb id? fd?icke Dir Dinge, bie nielleicht
bem feelennollften Zeichner (Europas noch nicht in ben Jftopf gekommen
finb, unb benen Deine Phpfiognomie nicht fluchen mirb. (Sott befohlen.
„Wäre ich nicht ein (Öpfer ber unnerantmortlid?ften Dorurtf?eile gemefen,
[berjmeil ich ein Jftinb mar unb fchlimmere Augen als meines Paters hätten fel?en
können, baß bie Malerei mein unertnürgbarer (Trieb mar, fo märe ich f<hon hinge
im Stanbe gemefen, meine Samilic 3U erhalten.
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TDenn es bloß aufs erhalten ankömmt, fo f?abe id? nichts 3U tun als nad?
6er Sd?wei3 ober £onbon ober mo es mir beliebt ju gef?cn unb in Catein unb
(Öried?ifd?, (Engtifd? unb (Teutfd?, 3talienifd? unb Sratt^öfifd?, unb Jloefie unb
3eid?nen unb antiquitates 3U inftituiren unb ber (Teufet ift brin wenn id? nid?t
leben unb nocf? 3urücktegen kann. TDenn bas nid?t angelt, fo mag id? Schreiben
ober Ueberfeßcn uerfud?en; größere TTarren als icf? leben babei. Mein Brubcr
erinnert mid? ans f?cranrückenbe 2ttter; es ift gewiß, id? warb im 41 geboren,
unb ber <Tob unb bie (Ewigkeit finb mir eben fo willkommen als bas Ceben unb
bie 3eit, benn id? bin unfterblid? ;mb of?ne (Sefaf?r beinen unb meinen Pater ju
uerlieren. — Jd? bin aber in bem Caufe ber Dinge nod? jung genung, brei anbre
Jaf?rc ber DcrnoUkommnung meines (Talentes ju opfern, bem id? eben fo wenig
als einem IDatbwaffer wiberftef?en kann — id? will ein Tttaler fei?n wenn id?
kann, weil es bas ftärkfte Mittel in meiner (ßewalt ift, wie id? f?offe, (Sutes 3U tun."
2luf fctbftgewäßltem TDege fud?te Süßli in ben Jäunftwerken bes Altertums
unb ber Benaiffance bie <Sef?eimniffe ber großen Dispofition unb ber (5ewalt
bes 2lusbrucks. Seine fpäter gefd?affenen Bilber, feine Portefungen unb 2lb=
l?anblungen über Jftunft unb feine 2lpf?orismen prägen feine 2lrt, Italien 311
ftubieren, beffer aus als bie überlieferten Mitteilungen, baß er keine Sd?uten
befud?t, wenig kopiert, mit Danib unb ben t>ornef?men englifd?eu Greifen uer»
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kehrt habe. PTicheb2lngelo, wie fpäter auch 2lembranbt, ftellt er als abfotuten
Jftünftler über alles, in einer Seit, ba ITeigung unb Perftänbnis bei Zünftlern
unb Caien non beiben am meiteften entfernt waren.
2luf ber Hückreife befugte Süjgti im Jahre 1778 3ürid?. Heben nieten
peinlichen Erinnerungen, auch eine unglückliche jfiebe kam baju, nahm er
immerhin einige Beftellungen nach Engtanb mit. 3wei TPerke fanbte er im
£aufe ber folgenben jmei Jahre nad? 3ürid? : ZDie Darftetlung feiner ltnterrebung
mit bent alten Bobmer unb bie non einigen Jreunben für ben 3ürcl?er Hatfaal
beftellten „brei Schweizer“.
Jn Engtanb folgte ficf? TDerk auf TDerk in faft gernattfamer Enttabung
ber fo lange zurückgehaltenen Sülle non Bilbern unb Jbeen. IPas er als Jüng=
ling fid? angeeignet unb empfunben, in Jtalien unb anberorts nor ber großen
Hunft ber Pergangenheit erkannt hatte, gewann (beftalt. Damit war äufjerlich
ein 2lufftieg nerbunben, ber ihn an bie Seite ber erften cngtifchen ITlaler feiner
3eit ftellte. 1790 würbe er JHitglieb ber «Hopal 21cabemp», halb barauf Cchrer
ber THaterei unb „Jfteeper“. 2tls Hachfolger non Sir Joffma Hepnotbs fpUt er
jene Portefungen, bie in ihrer 5orm unb Subftan3 feine Selbftänbigkeit in 2lm
fchauung unb Urteil wiebergeben. 21usgcfprochen gelehrte 2lbhanbtungen über
Sragen ber Citeratur, HunfP unb lfiulturgefchi<hte ocröffentlichtc er als PIit=
arbeiter an kritifcf?en 3eitfd?riften unb anberen Unternehmungen. Er blieb ber
Hünftler=(5etehrte, ber er non jeher gewefen, nur ftanb feit ber Hückkehr non
Hom bie Jäunft an erfter Stelle.
Die gelehrten 2trbeiten Sü^lis finb in allem Stofflichen überholt; bie jafjU
reichen (Semätbe in Englanb nerftreut; ben wenigen zugänglichen gegenüber ge=
bietet bie Schalung ber heutigen, auf 9an3 anbern IPegen fortgefchrittenen
UTaterei manchem eine gewiffe 3urückhattung. IPas bie 3eit überwunben l?«t, finb
bie anfpruchslofeften Schöpfungen, bie 3eichnungen Süfelis. Die brei 2lbbik
bungen biefes 2lusftellungsnerzeichniffes weifen auf bie brei Hauptziele, benen
Süftli bie 3eichnung bienftbar macht: ben bramatifch gefchauten, in Eile bilb=
mä^ig jufammengefa^ten (Semälbeentwurf; bie gewattfam in monumentale Per=
einfachung gezwungene perfonifikation einer literarifchen ober h)iftorifchen Jbee;
bie oibrierenbe Tlotierung nach bem Ceben, bie eine (bebärbe, einen Blick, ein
3ucken, fefthätt unb burch Steigerung zu hö<hf*er Schärfe bes 2lusbrudis unner=
gefzlid? macht. Die 3ei<hnungen geben Jüjjti am reinften als bas, was er überall,
in feinen gelehrten TPerken, in feinen Briefen, in ben groj^en Bitbern, mit mehr
unb minber ftarker anberer Beimifchung ift, als Ce mp er ante nt.
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üerjetcfynis ber ausgeftdlten tDerfce,
Seber urtb Bleiftift
Bleiftift
getufcfyte Segnung
Ski^e,
Ski^e,
Ski^e,
TDeiblicfyes 25il6nis,
Dante,
Jftopfftubie,
Ciegenöe 5rau,
(Tntfyüllun$,
Julia (Titi,
5it3enöes IDeib unb kleine Sigur,
Drei 5rauen,
(Sottesurteil, fiompofitionsentmurf,
(Traum, Ski^e,
(Deöipus, ßompofitionsentrnurf,
Bicfytfeene,
ßompofitkmsfki^e,
Derbülltes TDeib, non fyinten,
üier 5rauen,
Sinei ßöpfe,
^Iktjeicfmung,
21kt3eicfynung,
23leigief$en,
TDeiblicfyes 25ruftbilö, Profil,
5rau mit Schleppe, Profil,
5rau mit Schleppe, knienö, non fyinten, Bleiftift
TTCäöcfyen am Cifcfye, Bleiftift
fcfnnaqe treibe
5eber unb Bleiftift
getufcfyte Seicfmung
Seber
tarierte Seberjeicfmung
Seber unb Bleiftift
Bteifiift
5ebcr
If
Hotel
5eber
Bleiftift
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27. TtTedea (?), Bleiftift unb 5eber
28. (ßefchmücktes HTädchen, tatterte Seber^eid/mung
Dame auf Sofa, 5eber
29. Srau mit ßopfpu^, Profil,
30. 5rau im Keifrock, non hinten,
31. Ciegenöe Srau u. nerfchiedene Siguren,
32. Schreibendes lllädchen, Bieiftift
33. Allegorie,
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34. fllädchenkopf, Profil, sieiftift
35. HTädchen mit Hotenfyeft,
36. Ski^e 3U einer jRampff^ene,
37. Jugend^eichnungen, in Cufc&mamer
(Ur. 34/37 (Eigentum ber Stabtbibtiotfjek 3ürid?.)
38-46. Jugendsendungen, jum (Teil nad? teoläfchnitten des
16. Jahrhunderts.
((Eigentum ber ®effenttid?eu Jäunftfammlung in Bafel.)
47. Sammelband mit Zeichnungen aus den Jahren 1751
und 1762.
((Eigentum ber 3ürd?er Jftunftgefellfdpaft.)
48, 49, 50, 51. Zeitgenöffifche Stiche nach Gemälden des
Zünftlers.
52. Ditrine mit Heproduktionen nach TDerken des fiünftlers.
Süjgli im Bildnis.
53. Süf^li Und 25odmer, (Öelgemätbe
((Eigentum ber 3ürd?er üunftgefcllfd?aft.)
54. Selbftopferung Pidos, ©elgcmatbe
55. Chefeus und 2lriadne, (hcigematbe
56. Per (Traum der erften UTenfchen.
(Ur. 34, 55, 56 nur für gait3 ftur^c Seit ausgefteltt.)
Kunsthaus Zürich / Bibliothek
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